11. Bemerkungen zu unserer Arbeit:
,,Über die elektromagnetischen Grundgleichungen
für bewegte Körper“;
von A. Einstein und J. Laub.

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Hr. Laue war so freundlich, uns auf eine in unserer im
Titel genannten Arbeit enthaltene Unrichtigkeit hinzuweisen.1)
Wir sagen dort (Ann. d. Phys. 26. p. 535. 1908):

,,Es ist bemerkenswert, daß die Grenzbedingungen für die
Vektoren G, D, H, B an der Grenze zweier Medien dieselben
sind, wie für ruhende Körper. Es folgt dies direkt aus den
Gleichungen (1a) bis (4a).“

Abgesehen davon, daß für die Herleitung der Grenz-
bedingungen die Gleichungen (3a) und (4a) nicht in Betracht
kommen, ist diese Behauptung nur dann richtig, wenn die Be-
wegungskomponente normal zur Grenzfläche verschwindet, was
bei der im § 2 der genannten Arbeit behandelten Aufgabe
tatsächlich zutrifft. Die allgemein gültigen Grenzbedingungen
findet man wohl am leichtesten auf folgendem Wege, der dem
von Heinrich Hertz eingeschlagenen entspricht.

Ist die Grenzfläche, oder besser gesagt, die unendlich
dünne Grenzübergangsschale, beliebig bewegt, so werden sich
in einem momentan in ihr gelegenen ruhenden Punkt die das
elektromagnetische Feld bestimmenden Größen im allgemeinen
unstetig bzw. unendlich rasch mit der Zeit ändern; diese
Änderungen werden aber stetig sein für einen Punkt, der sich
mit der Materie bewegt. Es wird also die Anwendung des
Operators

@
@t + (d  \~/ )

an einem Skalar oder einem Vektor auch in der Grenzfläche
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1) Hr. Laue hat uns in seinem Briefe bereits die Grenzbedingungen
richtig angegeben und uns eine andere Ableitung derselben mitgeteilt.

nicht zu unendlich großen Werten führen. Schreiben wir nun
die Gleichung (1a)1) in der Form:

 {             }
1  @D-                         1
c  @t  +(d  \~/ ) D + q = curl H + c (d  \~/ ) D

und nehmen wir an, daß die Stromdichte q auch in der Grenz-
schicht endlich sei, so ist die linke Seite dieser Gleichung in
der Grenzschicht endlich. Dasselbe gilt also auch für die
rechte Seite der Gleichung.

Zur leichten Interpretation dieses Resultates denken wir
uns das Koordinatensystem so gelegt, daß ein bestimmtes,
unendlich kleines Stück der Grenzfläche, das wir nun be-
trachten wollen, der Y Z-Ebene parallel sei. Dann ist klar,
daß die Ableitungen aller Größen nach y und z in dem be-
trachteten Stück der Grenzfläche endlich bleiben. Es muß
also auch der Inbegriff derjenigen Glieder der rechten Seite
obiger Gleichung, die Differentiationen nach x enthalten, etwas
Endliches liefern. Durch einfaches Entwickeln der rechten Seite
und Weglassen der nach y und z differenzierten Glieder gelangt
man zu dem Resultate, daß in der Grenzschicht die Ausdrücke:

dx @Dx-,
 c  @x
@Hz--  dx @Dy-,
@x     c  @x
@Hy- + dx @Dz-
 @x     c  @x

endlich bleiben. Setzen wir noch voraus, daß die Geschwindig-
keitskomponenten an der Grenzfläche keinen Sprung erleiden,
so folgt daraus, daß die Ausdrücke:

Dx,
Hy + dxDz,
     c
H  - dxD
  z   c  y

auf beiden Seiten der Grenzfläche (Y Z-Ebene) denselben Wert

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1)1. c.

haben. Da Dx und die Komponenten von d stetig sind, können
wir die beiden letzten Ausdrücke auch ersetzen durch:

      1
Hy -  c(dz Dx - dx Dz),
     1
Hz -  c(dx Dy - dy Dx).

Von der speziellen Wahl der Lage der Koordinatenachsen
relativ zum betrachteten Element der Grenzfläche machen wir
uns frei, indem wir das Resultat in den Bezeichnungen der
Vektoranalysis schreiben. Bezeichnen wir durch die Indizes n
bzw. n die Komponente des betreffenden Vektors im Sinne
bzw. senkrecht zur Normale der Unstetigkeitsfläche, so folgt, daß

{ Dn,      }
      1
  H - c[dD]  n

an der Grenzfläche stetig sein müssen.

In gleicher Weise schließt man aus der Gleichung (2a)1)
die Stetigkeit der Komponenten:

 Bn,
{    1    }
 G + - [dB]  -.
     c      n

Bern und Würzburg, November 1908.

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1) 1. c.

(Eingegangen 6. Dezember 1908.)

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Nachtrag. Wenn an der betrachteten Grenzfläche eine
Schicht wahrer Elektrizität ( integral r dt) von der Flächendichte j
sich befindet, so wird q unendlich. Es ist dann

curl H + 1 (d D) D - q
         c

in der Grenzschicht endlich, wobei q durch (d/c)r ersetzt
werden kann. Für diesen Fall findet man ebenfalls die obigen
Grenzbedigungen, mit dem Unterschiede, daß die erste der-
selben durch

Dn2 - Dn1 = j

zu ersetzen ist.

(Eingegangen 19. Januar 1909.)

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