ANNALEN DER PHYSIK.
VIERTE FOLGE. BAND 49.
1.Die Grundlage
der allgemeinen Relativitätstheorie;
von A. Einstein.
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Die im nachfolgenden dargelegte Theorie bildet die denk-
bar weitgehendste
Verallgemeinerung der heute allgemein als
,,Relativitätstheorie“ bezeichneten
Theorie; die letztere nenne
ich im folgenden zur Unterscheidung von der
ersteren ,,spezielle
Relativitätstheorie“ und setze sie als bekannt voraus. Die
Verallgemeinerung der Relativitätstheorie wurde sehr er-
leichtert durch die
Gestalt, welche der speziellen Relativitäts-
theorie durch Minkowski gegeben
wurde, welcher Mathe-
matiker zuerst die formale Gleichwertigkeit der räumlichen
Koordinaten und der Zeitkoordinate klar erkannte und für
den Aufbau
der Theorie nutzbar machte. Die für die all-
gemeine Relativitätstheorie
nötigen mathematischen Hilfs-
mittel lagen fertig bereit in dem ,,absoluten
Differentialkalkül“,
welcher auf den Forschungen von Gauss, Riemann und
Christoffel über nichteuklidische Mannigfaltigkeiten ruht und
von Ricci und
Levi-Civita in ein System gebracht und
bereits auf Probleme der theoretischen
Physik angewendet
wurde. Ich habe im Abschnitt B der vorliegenden Abhand-
lung alle für uns nötigen, bei dem Physiker nicht als bekannt
vorauszusetzenden
mathematischen Hilfsmittel in möglichst
einfacher und durchsichtiger Weise
entwickelt, so daß ein
Studium mathematischer Literatur für das Verständnis der
vorliegenden Abhandlung nicht erforderlich ist. Endlich sei
an dieser Stelle
dankbar meines Freundes, des Mathematikers
Grossmann, gedacht, der mir durch
seine Hilfe nicht nur
das Studium der einschlägigen mathematischen Literatur er-
sparte, sondern mich auch beim Suchen nach den Feldgleichun-
gen der
Gravitation unterstützte.
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A. Prinzipielle Erwägungen zum Postulat der Relativität.
§ 1. Bemerkungen zu der speziellen Relativitätstheorie.
Der speziellen Relativitätstheorie liegt folgendes Postulat
zugrunde, welchem
auch durch die Galilei-Newtonsche
Mechanik Genüge geleistet wird: Wird ein
Koordinatensystem K
so gewählt, daß in bezug auf dasselbe die physikalischen
Ge-
setze in ihrer einfachsten Form gelten, so gelten dieselben
Gesetze auch in
bezug auf jedes andere Koordinatens ystem K',
das relativ zu K in gleichförmiger
Translationsbewegung be-
griffen ist. Dieses Postulat nennen wir ,,spezielles
Relativitäts-
prinzip“. Durch das Wort ,,speziell“ soll angedeutet werden,
daß das Prinzip auf den Fall beschränkt ist, daß K' eine gleich-
förmige
Translationsbewegung gegen K ausführt, daß sich
aber die Gleichwertigkeit von K'
und K nicht auf den Fall
ungleichförmiger Bewegung von K' gegen K
erstreckt.
Die spezielle Relativitätstheorie weicht also von der klas-
sischen Mechanik
nicht durch das Relativitätspostulat ab,
sondern allein durch das Postulat von der
Konstanz der
Vakuum-Lichtgeschwindigkeit, aus welchem im Verein mit
dem
speziellen Relativitätsprinzip die Relativität der Gleich-
zeitigkeit sowie
die Lorentztransformation und die mit dieser
verknüpften Gesetze über
das Verhalten bewegter starrer
Körper und Uhren in bekannter Weise
folgen.
Die Modifikation, welche die Theorie von Raum und Zeit
durch die spezielle
Relativitätstheorie erfahren hat, ist zwar
eine tiefgehende; aber ein wichtiger
Punkt blieb unangetastet.
Auch gemäß der speziellen Relativitätstheorie sind
nämlich
die Sätze der Geometrie unmittelbar als die Gesetze über
die möglichen
relativen Lagen (ruhender) fester Körper zu
deuten, allgemeiner die Sätze der
Kinematik als Sätze, welche
das Verhalten von Meßkörpern und Uhren
beschreiben. Zwei
hervorgehobenen materiellen Punkten eines ruhenden (starren)
Körpers entspricht hierbei stets eine Strecke von ganz be-
stimmter Länge,
unabhängig von Ort und Orientierung des
Körpers sowie von der Zeit; zwei
hervorgehobenen Zeiger-
stellungen einer relativ zum (berechtigten) Bezugssystem
ruhen-
den Uhr entspricht stets eine Zeitstrecke von bestimmter Länge,
unabhängig von Ort und Zeit. Es wird sich bald zeigen, daß
die allgemeine
Relativitätstheorie an dieser einfachen physika-
lischen Deutung von Raum und
Zeit nicht festhalten kann.
§ 2. Über die Gründe, welche eine Erweiterung des Relativitäts-
postulates nahelegen.
Der klassischen Mechanik und nicht minder der speziellen
Relativitätstheorie
haftet ein erkenntnistheoretischer Mangel
an, der vielleicht zum ersten Male von
E. Mach klar hervor-
gehoben wurde. Wir erläutern ihn am folgenden Beispiel.
Zwei flüssige Körper von gleicher Größe und Art schweben
frei im Raume in so
großer Entfernung voneinander (und von
allen übrigen Massen), daß nur
diejenigen Gravitationskräfte
berücksichtigt werden müssen, welche die Teile eines
dieser
Körper aufeinander ausüben. Die Entfernung der Körper
voneinander sei
unveränderlich. Relative Bewegungen der
Teile eines der Körper gegeneinander
sollen nicht auftreten.
Aber jede Masse soll -- von einem relativ zu der anderen
Masse
ruhenden Beobachter aus beurteilt -- um die Verbindungslinie
der Massen
mit konstanter Winkelgeschwindigkeit rotieren (es
ist dies eine konstatierbare
Relativbewegung beider Massen).
Nun denken wir uns die Oberflächen beider
Körper (S1 und S2)
mit Hilfe (relativ ruhender) Maßstäbe ausgemessen; es ergebe
sich, daß die Oberfläche von S1 eine Kugel, die von S2 ein
Rotationsellipsoid
sei.
Wir fragen nun: Aus welchem Grunde verhalten sich die
Körper S1
und S2 verschieden? Eine Antwort auf diese Frage
kann nur dann als
erkenntnistheoretisch befriedigend1) an-
erkannt werden, wenn die als Grund
angegebene Sache eine
beobachtbare Erfahrungstatsache ist; denn das Kausalitäts-
gesetz hat nur dann den Sinn einer Aussage über die Er-
fahrungswelt, wenn
als Ursachen und Wirkungen letzten
Endes nur beobachtbare Tatsachen
auftreten.
Die Newtonsche Mechanik gibt auf diese Frage keine
befriedigende Antwort.
Sie sagt nämlich folgendes. Die Ge-
setze der Mechanik gelten wohl für einen
Raum R1, gegen
welchen der Körper S1 in Ruhe ist, nicht aber gegenüber einem
Raume R2, gegen welchen S2 in Ruhe ist. Der berechtigte
Galileische Raum R1,
der hierbei eingeführt wird, ist aber
eine blo fingierte Ursache, keine
beobachtbare Sache. Es
ist also klar, daß die Newtonsche Mechanik der
Forderung
----------
1) Eine derartige erkenntnistheoretisch befriedigende Antwort kann
natürlich
immer noch physikalisch unzutreffend sein, falls sie mit anderen
Erfahrungen im
Widerspruch ist.
der Kausalität in dem betrachteten Falle nicht wirklich, son-
dern nur
scheinbar Genüge leistet, indem sie die bloß fin-
gierte Ursache R1 für das
beobachtbare verschiedene Ver-
halten der Körper S1 und S2 verantwortlich
macht.
Eine befriedigende Antwort auf die oben aufgeworfene
Frage kann nur so
lauten: Das aus S1 und S2 bestehende
physikalische System zeigt für sich allein
keine denkbare Ur-
sache, auf welche das verschiedene Verhalten von S1 und S2
zurückgeführt werden könnte. Die Ursache muß also auer-
halb dieses Systems
liegen. Man gelangt zu der Auffassung,
daß die allgemeinen Bewegungsgesetze,
welche im speziellen
die Gestalten von S1 und S2 bestimmen, derart sein müssen,
daß das mechanische Verhalten von S1 und S2 ganz wesentlich
durch ferne Massen
mitbedingt werden muß, welche wir nicht zu
dem betrachteten System
gerechnet hatten. Diese fernen Massen
(und ihre Relativbewegungen gegen
die betrachteten Körper)
sind dann als Träger prinzipiell beobachtbarer
Ursachen für
das verschiedene Verhalten unserer betrachteten Körper an-
zusehen; sie übernehmen die Rolle der fingierten Ursache R1.
Von allen
denkbaren, relativ zueinander beliebig bewegten
Räumen R1, R2 usw. darf a
priori keiner als bevorzugt an-
gesehen werden, wenn nicht der dargelegte
erkenntnistheo-
retische Einwand wieder aufleben soll. Die Gesetze der
Physik
müssen so beschaffen sein, da sie in bezug auf beliebig bewegte
Bezugssysteme gelten. Wir gelangen also auf diesem Wege
zu einer Erweiterung
des Relativitätspostulates.
Außer diesem schwerwiegenden erkenntnistheoretischen
Argument spricht aber
auch eine wohlbekannte physikalische
Tatsache für eine Erweiterung der
Relativitätstheorie. Es
sei K ein Galileisches Bezugssystem, d. h. ein solches,
relativ zu welchem (mindestens in dem betrachteten vier-
dimensionalen Gebiete)
eine von anderen hinlänglich ent-
fernte Masse sich geradlinig und gleichförmig
bewegt. Es
sei K' ein zweites Koordinatensystem, welches relativ zu K
in
gleichförmig beschleunigter Translationsbewegung sei. Relativ
zu K' führte dann
eine von anderen hinreichend getrennte Masse
eine beschleunigte Bewegung aus,
derart, daß deren Beschleuni-
gung und Beschleunigungsrichtung von ihrer
stofflichen Zusam-
mensetzung und ihrem physikalischen Zustande unabhängig
ist.
Kann ein relativ zu K' ruhender Beobachter hieraus
den Schluß ziehen, daß er sich auf einem ,,wirklich“ be-
schleunigten Bezugssystem
befindet? Diese Frage ist zu ver-
neinen; denn das vorhin genannte Verhalten frei
beweglicher
Massen relativ zu K' kann ebensogut auf folgende Weise ge-
deutet
werden. Das Bezugssystem K' ist unbeschleunigt; in
dem betrachteten
zeiträumlichen Gebiete herrscht aber ein
Gravitationsfeld, welches die
beschleunigte Bewegung der
Körper relativ zu K' erzeugt.
Diese Auffassung wird dadurch ermöglicht, daß uns die
Erfahrung die Existenz
eines Kraftfeldes (nämlich des Gravi-
tationsfeldes) gelehrt hat, welches die
merkwürdige Eigen-
schaft hat, allen Körpein dieselbe Beschleunigung zu
erteilen.1)
Das mechanische Verhalten der Körper relativ zu K' ist das-
selbe, wie
es gegenüber Systemen sich der Erfahrung dar-
bietet, die wir als, ,,ruhende“ bzw.
als ,,berechtigte“ Systeme
anzusehen gewohnt sind; deshalb liegt es auch vom
physi-
kalischen Standpunkt nahe, anzunehmen, daß die Systeme K
und K' beide
mit demselben Recht als ,,ruhend“ angesehen
werden können, bzw. daß sie als
Bezugssysteme für die physi-
kalische Beschreibung der Vorgänge gleichberechtigt
seien.
Aus diesen Erwägungen sieht man, daß die Durchführung
der allgemeinen
Relativitätstheorie zugleich zu einer Theorie der
Gravitation führen muß; denn
man kann ein Gravitations-
feld durch bloße Änderung des Koordinatensystems
,,erzeugen“.
Ebenso sieht man unmittelbar, daß das Prinzip von der Kon-
stanz
der Vakuum-Lichtgeschwindigkeit eine Modifikation er-
fahren muß. Denn man
erkennt leicht, daß die Bahn eines
Lichtstrahles in bezug auf K' im allgemeinen
eine krumme
sein muß, wenn sich das Licht in bezug auf K geradlinig und
mit
bestimmter, konstanter Geschwindigkeit fortpflanzt.
§ 3. Das Raum-Zeit-Kontinuum. Forderung der allgemeinen
Kovarianz für die die allgemeinen Naturgesetze ausdrückenden
Gleichungen.
In der klassischen Mechanik sowie in der speziellen Rela-
tivitätstheorie haben
die Koordinaten des Raumes und der
Zeit eine unmittelbare physikalische
Bedeutung. Ein Punkt-
ereignis hat die X1-Koordinate x1, bedeutet: Die nach den
----------
1) Daß das Gravitationsfeld diese Eigenschaft mit großer Genauig-
keit besitzt,
hat Eötvös experimentell bewiesen.
Regeln der Euklidischen Geometrie mittels starrer Stäbe er-
mittelte Projektion
des Punktereignisses auf die X1-Achse
wird erhalten, indem man einen
bestimmten Stab, den Ein-
heitsmaßstab, x1mal vom Anfangspunkt des
Koordinaten-
körpers auf der (positiven) X1-Achse abträgt. Ein Punkt
hat die
X4-Koordinate x4 = t, bedeutet: Eine relativ zum
Koordinatensystem ruhend
angeordnete, mit dem Punkt-
ereignis räumlich (praktisch) zusammenfallende
Einheitsuhr,
welche nach bestimmten Vorschriften gerichtet ist, hat x4 = t
Perioden zurückgelegt beim Eintreten des Punktereignisses.1)
Diese Auffassung von Raum und Zeit schwebte den Phy-
sikern stets, wenn
auch meist unbewußt, vor, wie aus der
Rolle klar erkennbar ist, welche diese
Begriffe in der messenden
Physik spielen; diese Auffassung mußte der Leser auch
der
zweiten Betrachtung des letzten Paragraphen zugrunde legen,
um mit diesen
Ausführungen einen Sinn verbinden zu können.
Aber wir wollen nun zeigen, daß
man sie fallen lassen und
durch eine allgemeinere ersetzen muß, um das Postulat
der
allgemeinen Relativität durchführen zu können, falls die
spezielle
Relativitätstheorie für den Grenzfall des Fehlens
eines Gravitationsfeldes
zutrifft.
Wir führen in einem Raume, der frei sei von Gravitations-
feldern, ein
Galileisches Bezugssystem K (x, y, z, t) ein, und
außerdem ein relativ zu K
gleichförmig rotierendes Koordi-
natensystem K' Die Anfangspunkte
beider Sy-
steme sowie deren Z-Achsen mögen dauernd zusammenfallen.
Wir
wollen zeigen, daß für eine Raum--Zeitmessung im
System K' die obige
Festsetzung für die physikalische Bedeu-
tung von Längen und Zeiten nicht
aufrecht erhalten werden
kann. Aus Symmetriegründen ist klar, daß ein Kreis um
den
Anfangspunkt in der X-Y -Ebene von K zugleich als Kreis in der
X'-Y '-Ebene von K' aufgefaßt werden kann. Wir denken uns
nun Umfang und
Durchmesser dieses Kreises mit einem (relativ
zum Radius unendlich kleinen)
Einheitsmaßstabe ausgemessen
und den Quotienten beider Meßresultate gebildet.
Würde man
dieses Experiment mit einem relativ zum Galileischen System
----------
1) Die Konstatierbarkeit der ,,Gleichzeitigkeit“ für räumlich un-
mittelbar
benachbarte Ereignisse, oder -- präziser gesagt -- für das
raumzeitliche
unmittelbare Benachbartsein (Koinzidenz) nehmen wir an,
ohne für diesen
fundamentalen Begriff eine Definition zu geben.
K ruhenden Maßstabe ausführen, so würde man als Quotienten
die Zahl
erhalten. Das Resultat der mit einem relativ zu
K' ruhenden Maßstabe
ausgeführten Bestimmung würde eine
Zahl sein, die größer ist als . Man erkennt
dies leicht, wenn
man den ganzen Meßprozeß vom ,,ruhenden“ System K aus
beurteilt und berücksichtigt, daß der peripherisch angelegte
Maßstab eine
Lorentzverkürzung erleidet, der radial angelegte
Maßstab aber nicht. Es gilt daher
in bezug auf K' nicht die
Euklidische Geometrie; der oben festgelegte
Koordinaten-
begriff, welcher die Gültigkeit der Euklidischen Geometrie
voraussetzt, versagt also mit Bezug auf das System K'. Ebenso-
wenig kann man
in K' eine den physikalischen Bedürfnissen
entsprechende Zeit einführen, welche
durch relativ zu K'
ruhende, gleich beschaffene Uhren angezeigt wird. Um dies
einzusehen, denke man sich im Koordinatenursprung und an
der Peripherie des
Kreises je eine von zwei gleich beschaffenen
Uhren angeordnet und vom
,,ruhenden“ System K aus be-
trachtet. Nach einem bekannten Resultat der
speziellen Rela-
tivitätstheorie geht -- von K aus beurteilt -- die auf der
Kreisperipherie angeordnete Uhr langsamer als die im Anfangs-
punkt
angeordnete Uhr, weil erstere Uhr bewegt ist letztere
aber nicht. Ein im
gemeinsamen Koordinatenursprung be-
findlicher Beobachter, welcher auch die an
der Peripherie
befindliche Uhr mittels des Lichtes zu beobachten fähig wäre,
würde also die an der Peripherie angeordnete Uhr langsamer
gehen sehen als die
neben ihm angeordnete Uhr. Da er sich
nicht dazu entschließen wird, die
Lichtgeschwindigkeit auf
dem in Betracht kommenden Wege explizite
von der Zeit
abhängen zu lassen, wird er seine Beobachtung dahin inter-
pretieren, daß die Uhr an der Peripherie ,,wirklich“ lang-
samer gehe
als die im Ursprung angeordnete. Er wird also
nicht umhin können, die
Zeit so zu definieren, daß die Gang-
geschwindigkeit einer Uhr vom Orte
abhängt.
Wir gelangen also zu dem Ergebnis: In der allgemeinen
Relativitätstheorie
können Raum- und Zeitgrößen nicht so
definiert werden, daß räumliche
Koordinatendifferenzen un-
mittelbar mit dem Einheitsmaßstab, zeitliche mit
einer Normal-
uhr gemessen werden könnten.
Das bisherige Mittel, in das zeiträumliche Kontinuum
in bestimmter Weise
Koordinaten zu legen, versagt also, und
es scheint sich auch kein anderer Weg darzubieten, der ge-
statten würde, der
vierdimensionalen Welt Koordinatensysteme
so anzupassen, daß bei ihrer
Verwendung eine besonders
einfache Formulierung der Naturgesetze zu
erwarten wäre.
Es bleibt daher nichts anderes übrig, als alle denkbaren1)
Koordinatensysteme als für die Naturbeschreibung prinzipiell
gleichberechtigt
anzusehen. Dies kommt auf die Forderung
hinaus:
Die allgemeinen Naturgesetze sind durch Gleichungen aus-
zudrücken, die für
alle Koordinatensysteme gelten, d. h. die
beliebigen Substitutionen gegenüber
kovariant (allgemein ko-
variant) sind.
Es ist klar, daß eine Physik, welche diesem Postulat ge-
nügt, dem allgemeinen
Relativitätspostulat gerecht wird.
Denn in allen Substitutionen sind jedenfalls
auch diejenigen
enthalten, welche allen Relativbewegungen der (dreidimen-
sionalen) Koordinatensysteme entsprechen. Daß diese Forde-
rung der allgemeinen
Kovarianz, welche dem Raum und der
Zeit den letzten Rest physikalischer
Gegenständlichkeit nehmen,
eine natürliche Forderung ist, geht aus folgender
Überlegung
hervor. Alle unsere zeiträumlichen Konstatierungen laufen
stets auf
die Bestimmung zeiträumlicher Koinzidenzen hinaus.
Bestände beispielsweise das
Geschehen nur in der Bewegung
materieller Punkte, so wäre letzten Endes nichts
beobachtbar
als die Begegnungen zweier oder mehrerer dieser Punkte.
Auch die
Ergebnisse unserer Messungen sind nichts anderes
als die Konstatierung derartiger
Begegnungen materieller
Punkte unserer Maßstäbe mit anderen materiellen
Punkten
bzw. Koinzidenzen zwischen Uhrzeigern, Zifferblattpunkten
und ins
Auge gefaßten, am gleichen Orte und zur gleichen
Zeit stattfindenden
Punktereignissen.
Die Einführung eines Bezugssystems dient zu nichts
anderem als zur leichteren
Beschreibung der Gesamtheit
solcher Koinzidenzen. Man ordnet der Welt vier
zeiträum-
liche Variable x1, x2, x3, x4 zu, derart, daß jedem Punkt-
ereignis
ein Wertesystem der Variablen x1....x4 entspricht,
Zwei koinzidierenden
Punktereignissen entspricht dasselbe
----------
1) Von gewissen Beschränkungen, welche der Forderung der ein-
deutigen
Zuordnung und derjenigen der Stetigkeit entsprechen, wollen
wir hier nicht
sprechen.
Wertesystem der Variablen x1....x4; d. h. die Koinzidenz
ist durch die
Übereinstimmung der Koordinaten charak-
terisiert. Führt man statt der
Variablen x1....x4 beliebige
Funktionen derselben, x1', x
2', x
3', x
4' als neues
Koordinaten-
system ein, so daß die Wertesysteme einander eindeutig zu-
geordnet sind, so ist die Gleichheit aller vier Koordinaten
auch im neuen System
der Ausdruck für die raumzeitliche
Koinzidenz zweier Punktereignisse. Da
sich alle unsere physi-
kalischen Erfahrungen letzten Endes auf solche
Koinzidenzen
zurückführen lassen, ist zunächst kein Grund vorhanden,
gewisse
Koordinatensysteme vor anderen zu bevorzugen, d. h.
wir gelangen zu der
Forderung der allgemeinen Kovarianz.
§ 4. Beziehung der vier Koordinaten zu räumlichen und zeit-
lichen Meßergebnissen.
Analytischer Ausdruck für das
Gravitationsfeld.
Es kommt mir in dieser Abhandlung nicht darauf an,
die allgemeine
Relativitätstheorie als ein möglichst einfaches
logisches System mit einem
Minimum von Axiomen darzu-
stellen. Sondern es ist mein Hauptziel, diese
Theorie so zu
entwickeln, daß der Leser die psychologische Natürlichkeit
des
eingeschlagenen Weges empfindet und daß die zugrunde
gelegten Voraussetzungen
durch die Erfahrung möglichst ge-
sichert erscheinen. In diesem Sinne sei nun die
Voraus-
setzung eingeführt:
Für unendlich kleine vierdimensionale Gebiete ist die
Relativitätstheorie im
engeren Sinne bei passender Koordi-
natenwahl zutreffend.
Der Beschleunigungszustand des unendlich kleinen (,,ört-
lichen“)
Koordinatensystems ist hierbei so zu wählen, daß
ein Gravitationsfeld nicht
auftritt; dies ist für ein unendlich
kleines Gebiet möglich. X1, X2, X3 seien die
räumlichen
Koordinaten; X4 die zugehörige, in geeignetem Maßstabe ge-
messene1) Zeitkoordinate. Diese Koordinaten haben, wenn
ein starres Stäbchen
als Einheitsmaßstab gegeben gedacht
wird, bei gegebener Orientierung des
Koordinatensystems
eine unmittelbare physikalische Bedeutung im Sinne der
speziellen Relativitätstheorie. Der Ausdruck
| (1) |
----------
1) Die Zeiteinheit ist so zu wählen, daß die Vakuum-Lichtgeschwindig-
keit --
in dem ,,lokalen“ Koordinatensystem gemessen -- gleich 1 wird.
hat dann nach der speziellen Relativitätstheorie einen von
der Orientierung des
lokalen Koordinatensystems unabhängigen,
durch Raum--Zeitmessung
ermittelbaren Wert. Wir nennen
ds die Größe des zu den unendlich benachbarten
Punkten
des vierdimensionalen Raumes gehörigen Linienelementes. Ist
das zu dem
Element gehörige ds2 positiv,
so nennen wir mit Minkowski
ersteres zeitartig, im entgegen-
gesetzten Falle raumartig.
Zu dem betrachteten ,,Linienelement“ bzw. zu den beiden
unendlich
benachbarten Punktereignissen gehören auch be-
stimmte Differentiale dx1....dx4
der vierdimensionalen Ko-
ordinaten des gewählten Bezugssystems. Ist dieses
sowie ein
,,lokales“ System obiger Art für die betrachtete Stelle gegeben,
so
werden sich hier die dX durch bestimmte lineare homogene
Ausdrücke der dx
darstellen lassen:
| (2) |
Setzt man diese Ausdrücke in (1) ein, so erhält man
| (3) |
wobei die g Funktionen der x sein werden, die nicht mehr
von der Orientierung
und dem Bewegungszustand des ,,lokalen“
Koordinatensystems abhängen können;
denn ds2 ist eine
durch Maßstab-Uhrenmessung ermittelbare, zu den betrach-
teten, zeiträumlich unendlich benachbarten Punktereignissen
gehörige,
unabhängig von jeder besonderen Koordinatenwahl
definierte Größe. Die g sind
hierbei so zu wählen, daß
g = g ist; die Summation ist über alle Werte von
und
zu erstrecken, so daß die Summe aus 4 × 4 Summanden be-
steht, von
denen 12 paarweise gleich sind.
Der Fall der gewöhnlichen Relativitätstheorie geht aus
dem hier Betrachteten
hervor, falls es, vermöge des beson-
deren Verhaltens der g in einem endlichen
Gebiete, möglich
ist, in diesem das Bezugssystem so zu wählen, daß die g die
konstanten Werte
| (4) |
annehmen. Wir werden später sehen, daß die Wahl solcher Ko-
ordinaten für
endliche Gebiete im allgemeinen nicht möglich ist.
Aus den Betrachtungen der §§ 2 und 3 geht hervor,
daß die Größen g vom
physikalischen Standpunkte aus als
diejenigen Größen anzusehen sind, welche das
Gravitations-
feld in bezug auf das gewählte Bezugssystem beschreiben.
Nehmen
wir nämlich zunächst an, es sei für ein gewisses be-
trachtetes vierdimensionales
Gebiet bei geeigneter Wahl der
Koordinaten die spezielle Relativitätstheorie
gültig. Die g
haben dann die in (4) angegebenen Werte. Ein freier materieller
Punkt bewegt sich dann bezüglich dieses Systems geradlinig
gleichförmig. Führt
man nun durch eine beliebige Substitution
neue Raum--Zeitkoordinaten x1....x4
ein, so werden in
diesem neuen System die g nicht mehr Konstante, sondern
Raum--Zeitfunktionen sein. Gleichzeitig wird sich die Be-
wegung des freien
Massenpunktes in den neuen Koordinaten
als eine krummlinige, nicht
gleichförmige, darstellen, wobei
dies Bewegungsgesetz unabhängig sein
wird von der Natur
des bewegten Massenpunktes. Wir werden also diese
Be-
wegung als eine solche unter dem Einfluß eines Gravitations-
feldes
deuten. Wir sehen das Auftreten eines Gravitations-
feldes geknüpft an eine
raumzeitliche Veränderlichkeit der g.
Auch in dem allgemeinen Falle, daß wir
nicht in einem end-
lichen Gebiete bei passender Koordinatenwahl die
Gültigkeit
der speziellen Relativitätstheorie herbeiführen können, werden
wir
an der Auffassung festzuhalten haben, daß die g das
Gravitationsfeld
beschreiben.
Die Gravitation spielt also gemäß der allgemeinen Rela-
tivitätstheorie eine
Ausnahmerolle gegenüber den übrigen, ins-
besondere den elektromagnetischen
Kräften, indem die das
Gravitationsfeld darstellenden 10 Funktionen g
zugleich die
metrischen Eigenschaften des vierdimensionalen Meßraumes
bestimmen.
B. Mathematische Hilfsmittel für die Aufstellung allgemein
kovarianter Gleichungen.
Nachdem wir im vorigen gesehen haben, daß das all-
gemeine Relativitätspostulat
zu der Forderung führt, daß die
Gleichungssysteme der Physik beliebigen
Substitutionen der
Koordinaten x1....x4 gegenüber kovariant sein müssen,
haben wir zu überlegen, wie derartige allgemein kovariante
Gleichungen gewonnen
werden können. Dieser rein mathe-
matischen Aufgabe wenden wir uns jetzt
zu; es wird sich
dabei zeigen, daß bei deren Lösung die in Gleichung (3)
an-
gegebene Invariante ds eine fundamentale Rolle spielt, welche
wir in
Anlehnung an die Gausssche Flächentheorie als ,,Linien-
element“ bezeichnet
haben.
Der Grundgedanke dieser allgemeinen Kovariantentheorie
ist folgender. Es
seien gewisse Dinge (,,Tensoren“) mit Bezug
auf jedes Koordinatensystem
definiert durch eine Anzahl
Raumfunktionen, welche die ,,Komponenten“ des
Tensors
genannt werden. Es gibt dann gewisse Regeln, nach welchen
diese
Komponenten für ein neues Koordinatensystem be-
rechnet werden, wenn sie für
das ursprüngliche System be-
kannt sind, und wenn die beide Systeme
verknüpfende Trans-
formation bekannt ist. Die nachher als Tensoren
bezeichneten
Dinge sind ferner dadurch gekennzeichnet, daß die Trans-
formationsgleichungen für ihre Komponenten linear und homo-
gen sind. Demnach
verschwinden sämtliche Komponenten im
neuen System, wenn sie im
ursprünglichen System sämtlich
verschwinden. Wird also ein Naturgesetz
durch das Null-
setzen aller Komponenten eines Tensors formuliert, so ist
es
allgemein kovariant; indem wir die Bildungsgesetze der Ten-
soren
untersuchen, erlangen wir die Mittel zur Aufstellung all-
gemein kovarianter
Gesetze.
§ 5. Kontravarianter und kovarianter Vierervektor.
Kontravarianter Vierervektor. Das Linienelement ist defi-
niert durch
die vier ,,Komponenten“ dx, deren Trans-
formationsgesetz durch die
Gleichung
| (5) |
ausgedrückt wird. Die dx' drücken sich linear und homogen
durch die dx
aus;
wir können diese Koordinatendifferentiale
dx daher als die Komponenten eines
,,Tensors“ ansehen, den
wir speziell als kontravarianten Vierervektor bezeichnen.
Jedes
Ding, was bezüglich des Koordinatensystems durch vier
Größen A definiert
ist, die sich nach demselben Gesetz
| (5a) |
transformieren, bezeichnen wir ebenfalls als kontravarianten
Vierervektor. Aus
(5a) folgt sogleich, daß die Summen
ebenfalls Komponenten eines
Vierervektors sind, wenn A und
B es sind. Entsprechendes gilt für alle später
als ,,Tensoren“
einzuführenden Systeme (Regel von der Addition und Sub-
traktion der Tensoren).
Kovarianter Vierervektor. Vier Größen A nennen wir die
Komponenten eines
kovarianten Vierervektors, wenn für jede
beliebige Wahl des kontravarianten
Vierervektors B
| (6) |
Aus dieser Definition folgt das Transformationsgesetz des
kovarianten
Vierervektors. Ersetzt man nämlich auf der
rechten Seite der Gleichung
B durch den aus der Umkehrung der Gleichung (5a) folgenden
Ausdruck
so erhält man
Hieraus folgt aber, weil in dieser Gleichung die B' unabhängig
voneinander frei
wählbar sind, das Transformationsgesetz
| (7) |
Bemerkungzur Vereinfachung der Schreibweise der Ausdrücke.
Ein Blick auf die Gleichungen dieses Paragraphen zeigt,
daß über Indizes,
die zweimal unter einem Summenzeichen
auftreten [z. B. der Index
in (5)], stets summiert wird,
und zwar nur über zweimal auftretende
Indizes. Es ist des-
halb möglich, ohne die Klarheit zu beeinträchtigen, die
Summenzeichen wegzulassen. Dafür führen wir die Vorschrift
ein: Tritt
ein Index in einem Term eines Ausdruckes zweimal
auf, so ist über ihn
stets zu summieren, wenn nicht ausdrück-
lich das Gegenteil bemerkt
ist.
Der Unterschied zwischen dem kovarianten und kontra-
varianten Vierervektor
liegt in dem Transformationsgesetz
[(7) bzw. (5)]. Beide Gebilde sind Tensoren im Sinne der
obigen allgemeinen
Bemerkung; hierin liegt ihre Bedeutung.
Im Anschluß an Ricci und Levi-Civita
wird der kontra-
variante Charakter durch oberen, der kovariante durch unteren
Index bezeichnet.
§ 6. Tensoren zweiten und höheren Ranges.
Kontravarianter Tensor. Bilden wir sämtliche 16 Produkte
A der
Komponenten A und B zweier kontravarianten
Vierervektoren
| (8) |
so erfüllt A gemäß (8) und (5a) das Transformationsgesetz
| (9) |
Wir nennen ein Ding, das bezüglich eines jeden Bezugs-
systems durch 16
Größen (Funktionen) beschrieben wird, die
das Transformationsgesetz (9) erfüllen,
einen kontravarianten
Tensor zweiten Ranges. Nicht jeder solcher Tensor läßt sich
gemäß (8) aus zwei Vierervektoren bilden. Aber es ist leicht
zu beweisen, daß sich
16 beliebig gegebene A darstellen
lassen als die Summe der A B von vier
geeignet gewählten
Paaren von Vierervektoren. Deshalb kann man beinahe alle
Sätze, die für den durch (9) definierten Tensor zweiten Ranges
gelten, am
einfachsten dadurch beweisen, daß man sie für
spezielle Tensoren vom Typus (8)
dartut.
Kontravarianter Tensor beliebigen Ranges. Es ist klar, daß
man entsprechend
(8) und (9) auch kontravariante Tensoren
dritten und höheren Ranges definieren
kann mit 43 usw.
Komponenten. Ebenso erhellt aus (8) und (9), daß man in
diesem Sinne den kontravarianten Vierervektor als kontra-
varianten Tensor ersten
Ranges auffassen kann.
Kovarianter Tensor. Bildet man andererseits die 16 Pro-
dukte A der
Komponenten zweier kovarianter Vierervektoren
A und B
| (10) |
so gilt für diese das Transformationsgesetz
| (11) |
Durch dieses Transformationsgesetz wird der kovariante
Tensor zweiten
Ranges definiert. Alle Bemerkungen, welche
vorher über die kontravarianten
Tensoren gemacht wurden,
gelten auch für die kovarianten Tensoren.
Bemerkung. Es ist bequem, den Skalar (Invariante) so-
wohl als kontravarianten
wie als kovarianten Tensor vom
Range Null zu behandeln.
Gemischter Tensor. Man kann auch einen Tensor zweiten
Ranges vom
Typus
| (12) |
definieren, der bezüglich des Index kovariant, bezüglich
des Index
kontravariant ist. Sein Transformationsgesetz ist
| (13) |
Natürlich gibt es gemischte Tensoren mit beliebig vielen
Indizes kovarianten
und beliebig vielen Indizes kontravarianten
Charakters. Der kovariante und der
kontravariante Tensor
können als spezielle Fälle des gemischten angesehen
werden.
Symmetrische Tensoren. Ein kontravarianter bzw. ko-
varianter Tensor zweiten
oder höheren Ranges heißt sym-
metrisch, wenn zwei Komponenten, die durch
Vertauschung
irgend zweier Indizes auseinander hervorgehen, gleich sind.
Der
Tensor A bzw. A
ist also symmetrisch, wenn für jede
Kombination der
Indizes
| (14) |
bzw.
| (14a) |
ist.
Es muß bewiesen werden, daß die so definierte Symmetrie
eine vom
Bezugssystem unabhängige Eigenschaft ist. (Aus (9)
folgt in der Tat mit
Rücksicht auf (14)
Die vorletzte Gleichsetzung beruht auf der Vertauschung der
Summationsindizes
und (d. h. auf bloßer Änderung der
Bezeichnungsweise).
Antisymmetrische Tensoren. Ein kontravarianter bzw. ko-
varianter Tenor
zweiten, dritten oder vierten Ranges heißt
antisymmetrisch, wenn zwei Komponenten, die durch Ver-
tauschung irgend
zweier Indizes auseinander hervorgehen,
entgegengesetzt gleich sind. Der Tensor
A bzw. A
ist also
antisymmetrisch, wenn stets
| (15) |
bzw.
| (15a) |
ist.
Von den 16 Komponenten A verschwinden die vier
Komponenten A; die
übrigen sind paarweise entgegengesetzt
gleich, so daß nur 6 numerisch
verschiedene Komponenten
vorhanden sind (Sechservektor). Ebenso sieht man,
daß der
antisymmetrische Tensor A (dritten Ranges) nur vier nume-
risch
verschiedene Komponenten hat, der antisymmetrische
Tensor A nur eine
einzige. Symmetrische Tensoren höheren
als vierten Ranges gibt es in einem
Kontinuum von vier Dimen-
sionen nicht.
§ 7. Multiplikation der Tensoren.
Äuere Multiplikation der Tensoren. Man erhält aus den
Komponenten eines
Tensors vom Range z und eines solchen
vom Range z' die Komponenten eines
Tensors vom Range
z + z', indem man alle Komponenten des ersten mit
allen
Komponenten des zweiten paarweise multipliziert. So ent-
stehen
beispielsweise die Tensoren T aus den Tensoren A
und B verschiedener
Art
Der Beweis des Tensorcharakters der T ergibt sich un-
mittelbar aus den
Darstellungen (8), (10), (12) oder aus den
Transformationsregeln (9), (11), (13).
Die Gleichungen (8),
(10), (12) sind selbst Beispiele äußerer Multiplikation (von
Tensoren ersten Ranges).
,,Verjüngung“ eines gemischten Tensors. Aus jedem ge-
mischten Tensor kann
ein Tensor von einem um zwei kleineren
Range gebildet werden, indem man einen
Index kovarianten
und einen Index kontravarianten Charakters gleichsetzt und
nach diesem Index summiert (,,Verjüngung“). Man gewinnt
so z. B. aus dem
gemischten Tensor vierten Ranges A den
gemischten Tensor zweiten
Ranges
und aus diesem, abermals durch Verjüngung, den Tensor
nullten Ranges
A = A = A
.
Der Beweis dafür, daß das Ergebnis der Verjüngung wirk-
lich Tensorcharakter
besitzt, ergibt sich entweder aus der
Tensordarstellung gemäß der Verallgemeinerung
von (12) in
Verbindung mit (6) oder aus der Verallgemeinerung von (13).
Innere und gemischte Multiplikation der Tensoren. Diese
bestehen in der
Kombination der äußeren Multiplikation mit
der Verjüngung.
Beispiele. -- Aus dem kovarianten Tensor zweiten Ranges
A und dem
kontravarianten Tensor ersten Ranges B bilden
wir durch äußere Multiplikation
den gemischten Tensor
Durch Verjüngung nach den Indizes , entsteht der ko-
variante Vierervektor
Diesen bezeichnen wir auch als inneres Produkt der Tensoren
A und B. Analog
bildet man aus den Tensoren A und
B durch äußere Multiplikation
und zweimalige Verjüngung
das innere Produkt A B. Durch äußere
Produktbildung
und einmalige Verjüngung erhält man aus A und B
den
gemischten Tensor zweiten Ranges D = A
B. Man kann
diese
Operation passend als eine gemischte bezeichnen; denn
sie ist eine äußere
bezüglich der Indizes und , eine innere
bezüglich der Indizes und
.
Wir beweisen nun einen Satz, der zum Nachweis des
Tensorcharakters oft
verwendbar ist. Nach dem soeben Dar-
gelegten ist A B ein Skalar, wenn A
und B Tensoren
sind. Wir behaupten aber auch folgendes. Wenn A
B
für
jede Wahl des Tensors B eine Invariante ist, so hat A
Tensor-
charakter.
Beweis. -- Es ist nach Voraussetzung für eine beliebige
Substitution
Nach der Umkehrung von (9) ist aber
Dies, eingesetzt in obige Gleichung, liefert:
Dies kann bei beliebiger Wahl von B' nur dann erfüllt
sein, wenn die
Klammer verschwindet, woraus mit Rück-
sicht auf (11) die Behauptung
folgt.
Dieser Satz gilt entsprechend für Tensoren beliebigen
Ranges und Charakters;
der Beweis ist stets analog zu führen.
Der Satz läßt sich ebenso beweisen in der Form: Sind
B und C beliebige
Vektoren, und ist bei jeder Wahl der-
selben das innere Produkt
ein Skalar, so ist A ein kovarianter Tensor. Dieser letztere
Satz gilt auch dann
noch, wenn nur die speziellere Aussage
zutrifft, daß bei beliebiger Wahl des
Vierervektors B das
skalare Produkt
ein Skalar ist, falls man außerdem weiß, daß A der Sym-
metriebedingung
A = A genügt. Denn auf dem vorhin
angegebenen Wege beweist man den
Tensorcharakter von
, woraus dann wegen der Symmetrieeigenschaft
der Tensorcharakter von A selbst folgt. Auch dieser Satz
läßt sich leicht
verallgemeinern auf den Fall kovarianter und
kontravarianter Tensoren beliebigen
Ranges.
Endlich folgt aus dem Bewiesenen der ebenfalls auf be-
liebige Tensoren zu
verallgemeinernde Satz: Wenn die Größen
A B bei beliebiger Wahl des
Vierervektors B einen Tensor
ersten Ranges bilden, so ist A
ein Tensor
zweiten Ranges.
Ist nämlich C ein beliebiger Vierervektor, so ist wegen des
Tensorcharakters A B das innere Produkt A
C B bei
beliebiger Wahl der
beiden Vierervektoren C und B ein
Skalar, woraus die Behauptung
folgt.
§ 8. Einiges über den Fundamentaltensor der g.
Der kovariante Fundamentaltensor. In dem invarianten
Ausdruck des
Quadrates des Linienelementes
spielt d x die Rolle eines beliebig wählbaren kontravarianten
Vektors. Da ferner
g = g, so folgt nach den Betrachtungen
des letzten Paragraphen
hieraus, daß g ein kovarianter Tensor
zweiten Ranges ist. Wir nennen ihn
,,Fundamentaltensor“.
Im folgenden leiten wir einige Eigenschaften dieses Tensors
ab, die zwar jedem Tensor zweiten Ranges eigen sind; aber
die besondere Rolle des
Fundamentaltensors in unserer Theorie,
welche in der Besonderheit der
Gravitationswirkungen ihren
physikalischen Grund hat, bringt es mit sich, daß die
zu ent-
wickelnden Relationen nur bei dem Fundamentaltensor für
uns von
Bedeutung sind.
Der kontravariante Fundamentaltensor. Bildet man in dem
Determinantenschema
der g zu jedem g die Unterdetermi-
nante und dividiert diese durch die
Determinante g = der
g, so erhält man gewisse Größen g(= g ), von
denen wir
beweisen wollen, daß sie einen kontravarianten Tensor bilden.
Nach einem bekannten Determinantensatze ist
| (16) |
wobei das Zeichen 1 oder 0 bedeutet, je nachdem =
oder ist. Statt des
obigen Ausdruckes für d s2 können
wir auch
oder nach (16) auch
schreiben. Nun bilden aber nach den Multiplikationsregeln
des vorigen
Paragraphen die Größen
einen kovarianten Vierervektor, und zwar (wegen der will-
kürlichen Wählbarkeit
der d x) einen beliebig wählbaren
Vierervektor. Indem wir ihn in unseren
Ausdruck einführen,
erhalten wir
Da dies bei beliebiger Wahl des Vektors d ein Skalar
ist und g nach seiner
Definition in den Indizes und sym-
metrisch ist, folgt aus den Ergebnissen des
vorigen Para-
graphen, daß g ein kontravarianter Tensor ist. Aus (16)
folgt noch,
daß auch ein Tensor ist, den wir den gemischten
Fundamentaltensor nennen
können.
Determinante des Fundamentaltensors. Nach dem Multi-
plikationssatz der
Determinanten ist
Andererseits ist
Also folgt
| (17) |
Invariante des Volumens. Wir suchen zuerst das Trans-
formationsgesetz der
Determinante g = . Gemäß (11) ist
Hieraus folgt durch zweimalige Anwendung des Multiplikations-
satzes der
Determinanten
oder
Andererseits ist das Gesetz der Transformation des Volum-
elementes
nach dem bekannten Jakobischen Satze
Durch Multiplikation der beiden letzten Gleichungen erhält
man
| (18) |
Statt wird im folgenden die Größe eingeführt, welche
wegen des
hyperbolischen Charakters des zeiträumlichen Kon-
tinuums stets einen reellen
Wert hat. Die Invariante d
ist gleich der Größe des im ,,örtlichen
Bezugssystem“ mit
starren Maßstäben und Uhren im Sinne der speziellen Rela-
tivitätstheorie gemessenen vierdimensionalen Volumelementes.
Bemerkung über den Charakter des raumzeitlichen Kon-
tinuums. Unsere
Voraussetzung, daß im unendlich Kleinen
stets die spezielle Relativitätstheorie
gelte, bringt es mit sich,
daß sich d s2 immer gemäß (1) durch die reellen Größen
d X
1.d X4 ausdrücken
läßt. Nennen wir d 0 das ,,natür-
liche“ Volumelement d X1 d X2 d X3 d X4, so
ist also
| (18a) |
Soll an einer Stelle des vierdimensionalen Kontinuums
verschwinden, so
bedeutet dies, daß hier einem end-
lichen Koordinatenvolumen ein unendlich
kleines ,,natürliches“
Volumen entspreche. Dies möge nirgends der Fall
sein. Dann
kann g sein Vorzeichen nicht ändern; wir werden im Sinne
der speziellen Relativitätstheorie annehmen, daß g stets einen
endlichen
negativen Wert habe. Es ist dies eine Hypothese
über die physikalische Natur
des betrachteten Kontinuums
und gleichzeitig eine Festsetzung über die
Koordinatenwahl.
Ist aber -g stets positiv und endlich, so liegt es nahe,
die Koordinatenwahl a
posteriori so zu treffen, daß diese
Größe gleich 1 wird. Wir werden später sehen,
daß durch
eine solche Beschränkung der Koordinatenwahl eine bedeutende
Vereinfachung der Naturgesetze erzielt werden kann. An Stelle
von (18) tritt dann
einfach
woraus mit Rücksicht auf Jakobis Satz folgt
| (19) |
Bei dieser Koordinatenwahl sind also nur Substitutionen der
Koordinaten von der
Determinante 1 zulässig.
Es wäre aber irrtümlich, zu glauben, daß dieser Schritt
einen partiellen
Verzicht auf das allgemeine Relativitäts-
postulat bedeute. Wir fragen nicht: ,,Wie
heißen die Natur-
gesetze, welche gegenüber allen Transformationen von der
Determinante 1 kovariant sind?“ Sondern wir fragen: ,,Wie
heißen die
allgemein kovarianten Naturgesetze?“ Erst nach-
dem wir diese aufgestellt
haben, vereinfachen wir ihren Aus-
druck durch eine besondere Wahl des
Bezugssystems.
Bildung neuer Tensoren vermittelst des Fundamentaltensors.
Durch innere,
äußere und gemischte Multiplikation eines
Tensors mit dem Fundamentaltensor
entstehen Tensoren
anderen Charakters und Ranges.
Beispiele:
Besonders sei auf folgende Bildungen hingewiesen:
(,,Ergänzung“ des kovarianten bzw. kontravarianten Tensors)
und
Wir nennen B den zu A gehörigen reduzierten Tensor.
Analog
Es sei bemerkt, daß g nichts anderes ist als die Ergänzung
von g
. Denn man
hat
§ 9. Gleichung der geodätischen Linie (bzw. der Punkt-
bewegung).
Da das ,,Linienelement“ d s eine unabhängig vom Koordi-
natensystem
definierte Größe ist, hat auch die zwischen zwei
Punkten P1 und P2 des
vierdimensionalen Kontinuums ge-
zogene Linie, für welche d s ein Extremum ist
(geodätische
Linie), eine von der Koordinatenwahl unabhängige Bedeutung.
Ihre
Gleichung ist
| (20) |
Aus dieser Gleichung findet man in bekannter Weise durch
Ausführung der
Variation vier totale Differentialgleichungen,
welche diese geodätische Linie
bestimmen; diese Ableitung
soll der Vollständigkeit halber hier Platz finden. Es
sei eine
Funktion der Koordinaten x; diese definiert eine Schar von
Flächen, welche die gesuchte geodätische Linie sowie alle ihr
unendlich
benachbarten, durch die Punkte P1 und P2 gezoge-
nen Linien schneiden.
Jede solche Kurve kann dann dadurch
gegeben gedacht werden, daß ihre
Koordinaten x in Funk-
tion von ausgedrückt werden. Das Zeichen
entspreche
dem Übergang von einem Punkte der gesuchten geodätischen
Linie zu demjenigen Punkte einer benachbarten Kurve, welcher
zu dem nämlichen
gehört. Dann läßt sich (20) durch
| (20a) |
ersetzen. Da aber
so erhält man nach Einsetzen von w in (20a) mit Rücksicht
darauf,
daß
nach partieller Integration
| (20b) |
Hieraus folgt wegen der freien Wählbarkeit der x das Ver-
schwinden der x.
Also sind
| (20c) |
die Gleichungen der geodätischen Linie. Ist auf der betrach-
teten geodätischen
Linie nicht d s = 0, so können wir als
Parameter die auf der geodätischen Linie
gemessene ,,Bogen-
länge“ s wählen. Dann wird w = 1, und man erhält an Stelle
von (20c)
oder durch bloße Änderung der Bezeichnungsweise
| (20d) |
wobei nach Christoffel gesetzt ist
| (21) |
Multipliziert man endlich (20d) mit g (äußere Multiplikation
bezüglich , innere
bezüglich ), so erhält man schließlich als
endgültige Form der Gleichung der
geodätischen Linie
| (22) |
Hierbei ist nach Christoffel gesetzt
| (23) |
§ 10. Die Bildung von Tensoren durch Differentiation.
Gestützt auf die Gleichung der geodätischen Linie können
wir nun leicht die
Gesetze ableiten, nach welchen durch Diffe-
rentiation aus Tensoren neue
Tensoren gebildet werden können.
Dadurch werden wir erst in den Stand
gesetzt, allgemein ko-
variante Differentialgleichungen aufzustellen. Wir
erreichen
dies Ziel durch wiederholte Anwendung des folgenden ein-
fachen
Satzes.
Ist in unserem Kontinuum eine Kurve gegeben, deren
Punkte durch
die Bogendistanz s von einem Fixpunkt auf
der Kurve charakterisiert
sind, ist ferner eine invariante
Raumfunktion, so ist auch d d s eine
Invariante. Der Be-
weis liegt darin, daß sowohl d als auch ds Invariante
sind.
Da
so ist auch
eine Invariante, und zwar für alle Kurven, die von einem
Punkte des Kontinuums
ausgehen, d. h. für beliebige Wahl
des Vektors der d x. Daraus folgt unmittelbar,
daß
| (24) |
ein kovarianter Vierervektor ist (Gradient von ).
Nach unserem Satze ist ebenso der auf einer Kurve ge-
nommene
Differentialquotient
eine Invariante. Durch Einsetzen von erhalten wir zunächst
Hieraus läßt sich zunächst die Existenz eines Tensors
nicht ableiten. Setzen wir
nun aber fest, daß die Kurve,
auf welcher wir differenziiert haben, eine geodätische Kurve
sei, so erhalten wir
nach (22) durch Ersetzen von d2 x
d s2
Aus der Vertauschbarkeit der Differentiationen nach
und und daraus, daß
gemäß (23) und (21) die Klammer
bezüglich und symmetrisch ist, folgt,
daß der Klammer-
ausdruck in und symmetrisch ist. Da man von
einem
Punkt des Kontinuums aus in beliebiger Richtung eine geo-
dätische
Linie ziehen kann, d x d s also ein Vierervektor mit
frei wählbarem
Verhältnis der Komponenten ist, folgt nach
den Ergebnissen des § 7,
daß
| (25) |
ein kovarianter Tensor zweiten Ranges ist. Wir haben also
das Ergebnis gewonnen:
Aus dem kovarianten Tensor ersten
Ranges
können wir durch Differentiation einen kovarianten Tensor
zweiten Ranges
| (26) |
bilden. Wir nennen den Tensor A die ,,Erweiterung“ des
Tensors A. Zunächst
können wir leicht zeigen, daß diese
Bildung auch dann auf einen Tensor führt,
wenn der Vektor A
nicht als ein Gradient darstellbar ist. Um dies einzusehen,
bemerken wir zunächst, daß
ein kovarianter Vierervektor ist, wenn und Skalare sind.
Dies ist auch der Fall
für eine aus vier solchen Gliedern be-
stehende Summe
falls (1) (1)....(4) (4) Skalare sind. Nun ist aber klar, daß
sich jeder kovariante
Vierervektor in der Form S darstellen
läßt. Ist nämlich A ein Vierervektor,
dessen Komponenten
beliebig gegebene Funktionen der x sind, so hat man nur
(bezüglich des
gewählten Koordinatensystems) zu setzen
um zu erreichen, daß S gleich A wird.
Um daher zu beweisen, daß A ein Tensor ist, wenn auf
der rechten Seite für
A ein beliebiger kovarianter Vierer-
vektor eingesetzt wird, brauchen wir nur zu
zeigen, daß dies
für den Vierervektor S zutrifft. Für letzteres ist es aber,
wie ein
Blick auf die rechte Seite von (26) lehrt, hinreichend,
den Nachweis für den
Fall
zu führen. Es hat nun die mit multiplizierte rechte Seite
von (25)
Tensorcharakter. Ebenso ist
ein Tensor (äußeres Produkt zweier Vierervektoren). Durch
Addition folgt der
Tensorcharakter von
Damit ist, wie ein Blick auf (26) lehrt, der verlangte Nachweis
für den
Vierervektor
und daher nach dem vorhin Bewiesenen für jeden beliebigen
Vierervektor A
geführt. --
Mit Hilfe der Erweiterung des Vierervektors kann man
leicht die
,,Erweiterung“ eines kovarianten Tensors beliebigen
Ranges definieren; diese
Bildung ist eine Verallgemeinerung
der Erweiterung des Vierervektors.
Wir beschränken uns auf
die Aufstellung der Erweiterung des Tensors
zweiten Ranges,
da dieser das Bildungsgesetz bereits klar übersehen läßt.
Wie bereits bemerkt, läßt sich jeder kovariante Tensor
zweiten Ranges
darstellen1) als eine Summe von Tensoren
vom Typus A
B. Es wird deshalb
genügen, den Ausdruck
der Erweiterung für einen solchen speziellen Tensor
abzuleiten.
Nach (26) haben die Ausdrücke
Tensorcharakter. Durch äußere Multiplikation des ersten mit
B, des zweiten mir
A erhält man je einen Tensor dritten
Ranges; deren Addition ergibt den Tensor
dritten Ranges
| (27) |
wobei A = A B gesetzt ist. Da die rechte Seite von (27)
linear und homogen
ist bezüglich der A und deren ersten
Ableitungen, führt dieses Bildungsgesetz
nicht nur bei einem
Tensor vom Typus A B, sondern auch bei einer Summe
solcher Tensoren, d. h. bei einem beliebigen kovarianten
Tensor zweiten
Ranges, zu einem Tensor. Wir nennen A
die Erweiterung des Tensors
A.
Es ist klar, daß (26) und (24) nur spezielle Fälle von (27)
sind (Erweiterung
des Tensors ersten bzw. nullten Ranges).
Überhaupt lassen sich alle speziellen
Bildungsgesetze von
Tensoren auf (27) in Verbindung mit Tensormultiplikationen
auffassen.
§ 11. Einige Spezialfälle von besonderer Bedeutung.
Einige den Fundamentaltensor betreffende Hilfssätze. Wir
leiten zunächst
einige im folgenden viel gebrauchte Hilfs-
----------
1) Durch äußere Multiplikation der Vektoren mit den (beliebig
gegebenen)
Komponenten A11, A12, A13, A14 bzw. 1, 0, 0, 0 entsteht
ein Tensor mit den
Komponenten
Durch Addition von vier Tensoren von diesem Typus erhält man den
Tensor A
mit beliebig vorgeschriebenen Komponenten.
gleichungen ab. Nach der Regel von der Differentiation der
Determinanten
ist
| (28) |
Die letzte Form rechtfertigt sich durch die vorletzte, wenn
man bedenkt, daß
g g' =
', daß also g
g = 4, folglich
Aus (28) folgt
| (29) |
Aus
folgt ferner durch Differentiation
| (30) |
Durch gemischte Multiplikation mit g bzw. g
erhält man
hieraus (bei
geänderter Bezeichnungsweise der Indizes)
| (31) |
bzw.
| (32) |
Die Beziehung (31) erlaubt eine Umformung, von der wir
ebenfalls öfter Gebrauch
zu machen haben. Gemäß (21) ist
| (33) |
Setzt man dies in die zweite der Formeln (31) ein, so erhält
man mit Rücksicht auf
(23)
| (34) |
Durch Substitution der rechten Seite von (34) in (29) ergibt sich
| (29a) |
Divergenz des kontravarianten Vierervektors. Multipliziert
man (26) mit dem
kontravarianten Fundamentaltensor g
(innere Multiplikation), so nimmt die
rechte Seite nach Um-
formung des ersten Gliedes zunächst die Form
an
Das letzte Glied dieses Ausdruckes kann gemäß (31) und (29)
in die Form
gebracht werden. Da es auf die Benennung der Summations-
indizes nicht
ankommt, heben sich die beiden ersten Glieder
dieses Ausdruckes gegen das zweite
des obigen weg; das letzte
läßt sich mit dem ersten des obigen Ausdruckes
vereinigen.
Setzt man noch
wobei A ebenso wie A
ein frei wählbarer Vektor ist, so er-
hält man
endlich
| (35) |
Dieser Skalar ist die Divergenz des kontravarianten Vierer-
vektors A.
,,Rotation“ des (kovarianten) Vierervektors. Das zweite
Glied in (26) ist in
den Indizes und symmetrisch. Es ist
deshalb A -A ein besonders einfach
gebauter (anti-
symmetrischer) Tensor. Man erhält
| (36) |
Antisymmetrische Erweiterung eines Sechservektors. Wendet
man (27) auf
einen antisymmetrischen Tensor zweiten Ranges
A an, bildet hierzu die beiden
durch zyklische Vertauschung
der Indizes , , entstehenden Gleichungen
und addiert
diese drei Gleichungen, so erhält man den Tensor dritten
Ranges
| (37) |
von welchem leicht zu beweisen ist, daß er antisymmetrisch ist.
Divergenz des Sechservektors. Multipliziert man (27) mit
g g (gemischte
Multiplikation), so erhält man ebenfalls
einen Tensor. Das erste Glied der rechten Seite von (27) kann
man in der
Form
schreiben. Ersetzt man g g A
durch A, g g A
durch
A und
ersetzt man in dem umgeformten ersten Gliede
vermittelst (34), so entsteht aus der rechten Seite von (27)
ein siebengliedriger
Ausdruck, von dem sich vier Glieder weg-
heben. Es bleibt übrig
| (38) |
Es ist dies der Ausdruck für die Erweiterung eines kontra-
varianten Tensors
zweiten Ranges, der sich entsprechend auch
für kontravariante Tensoren höheren
und niedrigeren Ranges
bilden läßt.
Wir merken an, daß sich auf analogem Wege auch die
Erweiterung eines
gemischten Tensors A bilden läßt:
| (39) |
Durch Verjüngung von (38) bezüglich der Indizes und
(innere Multiplikation
mit ) erhält man den kontravarianten
Vierervektor
Wegen der Symmetrie von bezüglich der Indizes und xx
verschwindet das
dritte Glied der rechten Seite, falls A ein
antisymmetrischer Tensor ist, was wir
annehmen wollen; das
zweite Glied läßt sich gemäß (29a) umformen. Man erhält
also
| (40) |
Dies ist der Ausdruck der Divergenz eines kontravarianten
Sechservektors.
Divergenz des gemischten Tensors zweiten Ranges. Bilden
wir die Verjüngung
von (39) bezüglich der Indizes und ,
so erhalten wir mit Rücksicht auf (29a)
| (41) |
Führt man im letzten Gliede den kontravarianten Tensor
A = g A
ein, so
nimmt es die Form an
Ist ferner der Tensor A ein symmetrischer, so reduziert sich
dies auf
Hätte man statt A den ebenfalls symmetrischen kovarianten
Tensor
A = g g A eingeführt, so würde das letzte Glied
vermöge (31) die
Form
annehmen. In dem betrachteten Symmetriefalle kann also
(41) auch durch die
beiden Formen
| (41a) |
und
| (41b) |
ersetzt werden, von denen wir im folgenden Gebrauch zu
machen haben.
§ 12. Der Riemann-Christoffelsche Tensor.
Wir fragen nun nach denjenigen Tensoren, welche aus
dem Fundamentaltensor
der g allein durch Differentiation
gewonnen werden können. Die Antwort
scheint zunächst auf
der Hand zu liegen. Man setzt in (27) statt des beliebig ge-
gebenen Tensors A den Fundamentaltensor der g ein und
erhält dadurch
einen neuen Tensor, nämlich die Erweiterung
des Fundamentaltensors. Man
überzeugt sich jedoch leicht,
daß diese letztere identisch verschwindet.
Man gelangt jedoch
auf folgendem Wege zum Ziel. Man setze in (27)
d. h. die Erweiterung des Vierervektors A ein. Dann erhält
man (bei etwas
geänderter Benennung der Indizes) den Tensor
dritten Ranges
Dieser Ausdruck ladet zur Bildung des Tensors A - A
ein. Denn dabei
heben sich folgende Terme des Ausdruckes
für A gegen solche von A weg:
das erste Glied, das vierte
Glied, sowie das dem letzten Term in der eckigen
Klammer
entsprechende Glied; denn alle diese sind in und symme-
trisch.
Gleiches gilt von der Summe des zweiten und dritten
Gliedes. Wir erhalten
also
| (42) |
| (43) |
Wesentlich ist an diesem Resultat, daß auf der rechten Seite
von (42) nur die A,
aber nicht mehr ihre Ableitungen auf-
treten. Aus dem Tensorcharakter von
A - A in Ver-
bindung damit, daß A ein frei wählbarer Vierervektor
ist,
folgt, vermöge der Resultate des § 7, daß B ein Tensor
ist
(Riemann-Christoffelscher Tensor).
Die mathematische Bedeutung dieses Tensors liegt im
folgenden. Wenn das
Kontinuum so beschaffen ist, daß es
ein Koordinatensystem gibt, bezüglich
dessen die g Kon-
stanten sind, so verschwinden alle R . Wählt
man statt des
ursprünglichen Koordinatensystems ein beliebiges neues,
so
werden die auf letzteres bezogenen g nicht Konstanten sein.
Der
Tensorcharakter von R bringt es aber mit sich, daß
diese Komponenten
auch in dem beliebig gewählten Bezugs-
system sämtlich verschwinden.
Das Verschwinden des Rie-
mannschen Tensors ist also eine notwendige
Bedingung dafür,
daß durch geeignete Wahl des Bezugssystems die Konstanz
der g herbeigeführt werden kann.1) In unserem Problem
entspricht dies dem
Falle, daß bei passender Wahl des Ko-
ordinatensystems in endlichen Gebieten die
spezielle Rela-
tivitätstheorie gilt.
Durch Verjüngung von (43) bezüglich der Indizes und
erhält man den
kovarianten Tensor zweiten Ranges
| (44) |
Bemerkung über die Koordinatenwahl. Es ist schon in § 8
im Anschluß an
Gleichung (18a) bemerkt worden, daß die
Koordinatenwahl mit Vorteil so
getroffen werden kann, daß
= 1 wird. Ein Blick auf die in den beiden
letzten Para-
graphen erlangten Gleichungen zeigt, daß durch eine solche
Wahl die Bildungsgesetze der Tensoren eine bedeutende Ver-
einfachung
erfahren. Besonders gilt dies für den soeben ent-
wickelten Tensor B,
welcher in der darzulegenden Theorie
eine fundamentale Rolle spielt. Die ins
Auge gefaßte Speziali-
sierung der Koordinatenwahl bringt nämlich das
Ver-
schwinden von S mit sich, so daß sich der Tensor B auf
R
reduziert.
Ich will deshalb im folgenden alle Beziehungen in der
vereinfachten
Form angeben, welche die genannte Speziali-
sierung der Koordinatenwahl
mit sich bringt. Es ist dann
ein Leichtes, auf die allgemein kovarianten
Gleichungen zu-
rückzugreifen, falls dies in einem speziellen Falle erwünscht
erscheint.
C. Theorie des Gravitationsfeldes.
§ 13. Bewegungsgleichung des materiellen Punktes
im
Gravitationsfeld.
Ausdruck für die Feldkomponenten der
Gravitation.
Ein frei beweglicher, äußeren Kräften nicht unterworfener
Körper bewegt sich
nach der speziellen Relativitätstheorie
geradlinig und gleichförmig. Dies gilt auch
nach der allgemeinen
----------
1) Die Mathematiker haben bewiesen, daß diese Bedingung auch
eine
hinreichende ist.
Relativitätstheorie für einen Teil des vierdimensionalen Raumes,
in welchem das
Koordinatensystem K0 so wählbar und so
gewählt ist, daß die g die in (4)
gegebenen speziellen kon-
stanten Werte haben.
Betrachten wir eben diese Bewegung von einem beliebig
gewählten
Koordinatensystem K1 aus, so bewegt er sich von
K1 aus, beurteilt nach den
Überlegungen des § 2 in einem
Gravitationsfelde. Das Bewegungsgesetz mit Bezug
auf K1
ergibt sich leicht aus folgender Überlegung. Mit Bezug auf
K0 ist das
Bewegungsgesetz eine vierdimensionale Gerade,
also eine geodätische Linie. Da
nun die geodätische Linie
unabhängig vom Bezugssystem definiert ist, wird ihre
Glei-
chung auch die Bewegungsgleichung des materiellen Punktes
in bezug auf
K1 sein. Setzen wir
| (45) |
so lautet also die Gleichung der Punktbewegung inbezug auf K1
| (46) |
Wir machen nun die sehr naheliegende Annahme, daß dieses
allgemein kovariante
Gleichungssystem die Bewegung des
Punktes im Gravitationsfeld auch in dem
Falle bestimmt,
daß kein Bezugssystem K0 existiert, bezüglich dessen in end-
lichen Räumen die spezielle Relativitätstheorie gilt. Zu dieser
Annahme sind wir
um so berechtigter, als (46) nur erste Ab-
leitungen der g enthält,
zwischen denen auch im Spezial-
falle der Existenz von K0 keine Beziehungen
bestehen.1)
Verschwinden die , so bewegt sich der Punkt gerad-
linig und
gleichförmig; diese Größen bedingen also die Ab-
weichung der Bewegung von der
Gleichförmigkeit. Sie sind
die Komponenten des Gravitationsfeldes.
§ 14. Die Feldgleichungen der Gravitation bei Abwesenheit
von
Materie.
Wir unterscheiden im folgenden zwischen ,,Gravitations-
feld“ und ,,Materie“,
in dem Sinne, daß alles außer dem
Gravitationsfeld als ,,Materie“ bezeichnet wird,
also nicht nur
----------
1) Erst zwischen den zweiten (und ersten) Ableitungen bestehen
gemäß § 12
die Beziehungen B = 0.
die ,,Materie“ im üblichen Sinne, sondern auch das elektro-
magnetische
Feld.
Unsere nächste Aufgabe ist es, die Feldgleichungen der
Gravitation
bei Abwesenheit von Materie aufzusuchen. Dabei
verwenden wir wieder
dieselbe Methode wie im vorigen Para-
graphen bei der Aufstellung der
Bewegungsgleichung des
materiellen Punktes. Ein Spezialfall, in welchem die
gesuchten
Feldgleichungen jedenfalls erfüllt sein müssen, ist der der
ursprünglichen
Relativitätstheorie, in dem die g gewisse
konstante Werte haben. Dies sei der
Fall in einem gewissen
endlichen Gebiete in bezug auf ein bestimmtes
Koordinaten-
system K0. In bezug auf dies System verschwinden sämtliche
Komponenten B des Riemannschen Tensors [Gleichung (43)].
Diese
verschwinden dann für das betrachtete Gebiet auch be-
züglich jedes anderen
Koordinatensystems.
Die gesuchten Gleichungen des materiefreien Gravitations-
feldes müssen also
jedenfalls erfüllt sein, wenn alle B ver-
schwinden. Aber diese Bedingung ist
jedenfalls eine zu weit-
gehende. Denn es ist klar, daß z. B. das von einem Massen-
punkte in seiner Umgebung erzeugte Gravitationsfeld sicher-
lich durch keine
Wahl des Koordinatensystems ,,wegtrans-
formiert“, d. h. auf den Fall konstanter
g transformiert
werden kann.
Deshalb liegt es nahe, für das materiefreie Gravitations-
feld das Verschwinden
des aus dem Tensor B abgeleiteten
symmetrischen Tensors B
zu verlangen.
Man erhält so
10 Gleichungen für die 10 Größen g, welche im speziellen
erfüllt
sind, wenn sämtliche B verschwinden. Diese Glei-
chungen lauten mit
Rücksicht auf (44) bei der von uns ge-
troffenen Wahl für das Koordinatensystem
für das materie-
freie Feld
| (47) |
Es muß darauf hingewiesen werden, daß der Wahl dieser
Gleichungen ein
Minimum von Willkür anhaftet. Denn es
gibt außer B keinen Tensor zweiten
Ranges, der aus den
g und deren Ableitungen gebildet ist, keine höheren als
zweite Ableitungen
enthält und in letzteren linear ist.1)
Daß diese aus der Forderung der allgemeinen Relativität
auf rein
mathematischem Wege fließenden Gleichungen in
Verbindung mit den
Bewegungsgleichungen (46) in erster Nähe-
rung das Newtonsche Attraktionsgesetz,
in zweiter Nähe-
rung die Erklärung der von Leverrier entdeckten (nach
Anbringung der Störungskorrektionen übrigbleibenden) Perihel-
bewegung des
Merkur liefern, muß nach meiner Ansicht von
der physikalischen Richtigkeit der
Theorie überzeugen.
§ 15. Hamiltonsche Funktion für das Gravitationsfeld,
Impulsenergiesatz.
Um zu zeigen, daß die Feldgleichungen dem Impuls-
energiesatz entsprechen,
ist es am bequemsten, sie in folgender
Hamilton scher Form zu schreiben:
| (47a) |
Dabei verschwinden die Variationen an den Grenzen des be-
trachteten begrenzten
vierdimensionalen Integrationsraumes.
Es ist zunächst zu zeigen, daß die Form (47a) den Glei-
chungen (47)
äquivalent ist. Zu diesem Zweck betrachten
wir H als Funktion der g und
der
Dann ist zunächst
Nun ist aber
----------
1) Eigentlich läßt sich dies nur von dem Tensor B + g(g B
)
behaupten, wobei eine Konstante ist. Setzt man jedoch diesen = 0,
so kommt
man wieder zu den Gleichungen B = 0.
Die aus den beiden letzten Termen der runden Klammer hervor-
gehenden Terme
sind von verschiedenem Vorzeichen und
gehen auseinander (da die Benennung der
Summationsindizes
belanglos ist) durch Vertauschung der Indizes und hervor.
Sie heben einander im Ausdruck für H weg, weil sie mit
der bezüglich der Indizes
und symmetrischen Größe
multipliziert werden. Es bleibt also nur das
erste Glied der
runden Klammer zu berücksichtigen, so daß man mit Rück-
sicht
auf (31) erhält
Es ist also
| (48) |
Die Ausführung der Variation in (47a) ergibt zunächst das
Gleichungssystem
| (47b) |
welches wegen (48) mit (47) übereinstimmt, was zu beweisen
war. -- Multipliziert
man (47b) mit g, so erhält man, weil
und folglich
die Gleichung
oder1)
| (49) |
----------
1) Der Grund der Einführung des Faktors -2 x wird später deut-
lich werden.
oder, wegen (48), der zweiten Gleichung (47) und (34)
| (50) |
Es ist zu beachten, daß t kein Tensor ist; dagegen gilt
(49) für alle
Koordinatensysteme, für welche = 1 ist.
Diese Gleichung drückt den
Erhaltungssatz des Impulses und
der Energie für das Gravitationsfeld aus. In der
Tat liefert
die Integration dieser Gleichung über ein dreidimensionales
Volumen V
die vier Gleichungen
| (49a) |
wobei 1, 2, 3 der Richtungskosinus der nach innen ge-
richteten Normale eines
Flächenelementes der Begrenzung
von der Größe dS (im Sinne der euklidischen
Geometrie) be-
deuten. Man erkennt hierin den Ausdruck der Erhaltungs-
sätze in
üblicher Fassung. Die Größen t bezeichnen wir als
die ,,Energiekomponenten“
des Gravitationsfeldes.
Ich will nun die Gleichungen (47) noch in einer dritten
Form angeben, die
einer lebendigen Erfassung unseres Gegen-
standes besonders dienlich ist. Durch
Multiplikation der
Feldgleichungen (47) mit g ergeben sich diese in der ,,ge-
mischten“ Form. Beachtet man, daß
welche Größe wegen (34) gleich
oder (nach geänderter Benennung der Summationsindizes) gleich
Das dritte Glied dieses Ausdrucks hebt sich weg gegen das
aus dem zweiten Glied
der Feldgleichungen (47) entstehende;
an Stelle des zweiten Gliedes dieses
Ausdruckes läßt sich nach
Beziehung (50)
setzen (t = t). Man erhält also an Stelle der Gleichungen (47)
| (51) |
§ 16. Allgemeine Fassung der Feldgleichungen der Gravitation.
Die im vorigen Paragraphen aufgestellten Feldgleichungen
für materiefreie
Räume sind mit der Feldgleichung
der Newtonschen Theorie zu vergleichen. Wir haben die
Gleichungen aufzusuchen,
welche der Poissonschen Gleichung
entspricht, wobei die Dichte der Materie bedeutet.
Die spezielle Relativitätstheorie hat zu dem Ergebnis
geführt, daß die
träge Masse nichts anderes ist als Energie,
welche ihren vollständigen
mathematischen Ausdruck in einem
symmetrischen Tensor zweiten Ranges, dem
Energietensor,
findet. Wir werden daher auch in der allgemeinen Relativitäts-
theorie einen Energietensor der Materie T einzuführen haben,
der wie die
Energiekomponenten t [Gleichungen (49) und (50)]
des Gravitationsfeldes
gemischten Charakter haben wird, aber
zu einem symmetrischen kovarianten
Tensor gehören wird1).
Wie dieser Energietensor(entsprechend der Dichte in
der Poissonschen
Gleichung) in die Feldgleichungen der
Gravitation einzuführen ist, lehrt das
Gleichungssystem (51).
Betrachtet man nämlich ein vollständiges System (z. B.
das
Sonnensystem), so wird die Gesamtmasse des Systems, also
auch seine
gesamte gravitierende Wirkung, von der Gesamt-
energie des Systems, also von
der ponderablen und Gravi-
tationsenergie zusammen, abhängen. Dies wird sich
dadurch
ausdrücken lassen, daß man in (51) an Stelle der Energie-
komponenten
t des Gravitationsfeldes allein die Summen
t
+ T
der Energiekomponenten
von Materie und Gravi-
tationsfeld einführt. Man erhält so statt (51) die Tensor-
gleichung
| (52) |
wobei T = T gesetzt ist (Lauescher Skalar). Dies sind die
gesuchten
allgemeinen Feldgleichungen der Gravitation in ge-
----------
1) g T = T
und g T
= T sollen symmetrische Tensoren
sein.
mischter Form. An Stelle von (47) ergibt sich daraus rück-
wärts das
System
| (53) |
Es muß zugegeben werden, daß diese Einführung des
Energietensors der
Materie durch das Relativitätspostulat
allein nicht gerechtfertigt wird; deshalb
haben wir sie im
vorigen aus der Forderung abgeleitet, daß die Energie des
Gravitationsfeldes in gleicher Weise gravitierend wirken soll,
wie jegliche Energie
anderer Art. Der stärkste Grund für
die Wahl der vorstehenden Gleichungen liegt
aber darin, daß
sie zur Folge haben, daß für die Komponenten der Total-
energie
Erhaltungsgleichungen (des Impulses und der Energie)
gelten, welche den
Gleichungen (49) und (49a) genau ent-
sprechen. Dies soll im folgenden dargetan
werden.
§ 17. Die Erhaltungssätze im allgemeinen Falle.
Die Gleichung (52) ist leicht so umzuformen, daß auf
der rechten Seite das
zweite Glied wegfällt. Man verjünge (52)
nach den Indizes und und
subtrahiere die so erhaltene,
mit 1
2 multiplizierte Gleichung von (52). Es ergibt
sich
| (52a) |
An dieser Gleichung bilden wir die Operation x. Es ist
Das erste und das dritte Glied der runden Klammer liefern
Beiträge, die
einander wegheben, wie man erkennt, wenn
man im Beitrage des dritten
Gliedes die Summationsindizes
und einerseits, und andererseits
vertauscht. Das
zweite Glied läßt sich nach (31) umformen, so daß man
erhält
| (54) |
Das zweite Glied der linken Seite von (52a) liefert zunächst
oder
Das vom letzten Glied der runden Klammer herrührende
Glied verschwindet
wegen (29) bei der von uns getroffenen
Koordinatenwahl. Die beiden anderen
lassen sich zusammen-
fassen und liefern wegen (31) zusammen
so daß mit Rücksicht auf (54) die Identität
| (55) |
besteht. Aus (55) und (52a) folgt
| (56) |
Aus unseren Feldgleichungen der Gravitation geht also
hervor, daß den
Erhaltungssätzen des Impulses und der Energie
Genüge geleistet ist. Man sieht
dies am einfachsten nach
der Betrachtung ein, die zu Gleichung (49a)
führt; nur hat
man hier an Stelle der Energiekomponenten t des Gravi-
tationsfeldes die Gesamtenergiekomponenten von Materie und
Gravitationsfeld
einzuführen.
§ 18. Der Impulsenergiesatz für die Materie als Folge der
Feldgleichungen.
Multipliziert man (53) mit g x
, so erhält man auf
dem in § 15
eingeschlagenen Wege mit Rücksicht auf das
Verschwinden von
die Gleichung
oder mit Rücksicht auf (56)
| (57) |
Ein Vergleich mit (41 b) zeigt, daß diese Gleichung bei
der getroffenen Wahl
für das Koordinatensystem nichts anderes
aussagt als das Verschwinden der Divergenz des Tensors der
Energiekomponenten
der Materie. Physikalisch zeigt das Auf-
treten des zweiten Gliedes der linken
Seite, daß für die Materie
allein Erhaltungssätze des Impulses und der Energie im
eigent-
lichen Sinne nicht, bzw. nur dann gelten, wenn die g kon-
stant sind,
d. h. wenn die Feldstärken der Gravitation ver-
schwinden. Dies zweite
Glied ist ein Ausdruck für Impuls
bzw. Energie, welche pro Volumen und
Zeiteinheit vom Gravi-
tationsfelde auf die Materie übertragen werden.
Dies tritt
noch klarer hervor, wenn man statt (57) im Sinne von (41)
schreibt
| (57a) |
Die rechte Seite drückt die energetische Einwirkung des Gravi-
tationsfeldes auf
die Materie aus.
Die Feldgleichungen der Gravitation enthalten also gleich-
zeitig vier
Bedingungen, welchen der materielle Vorgang zu
genügen hat. Sie liefern die
Gleichungen des materiellen Vor-
ganges vollständig, wenn letzterer durch
vier voneinander
unabhängige Differentialgleichungen charakterisierbar
ist.1)
D. Die ,,materiellen“ Vorgänge.
Die unter B entwickelten mathematischen Hilfsmittel
setzen uns ohne weiteres
in den Stand, die physikalischen
Gesetze der Materie (Hydrodynamik,
Maxwellsche Elektro-
dynamik), wie sie in der speziellen Relativitätstheorie
formu-
liert vorliegen, so zu verallgemeinern, daß sie in die allgemeine
Relativitätstheorie hineinpassen. Dabei ergibt das allgemeine
Relativitätsprinzip
zwar keine weitere Einschränkung der
Möglichkeiten; aber es lehrt den Einfluß des
Gravitations-
feldes auf alle Prozesse exakt kennen, ohne daß irgendwelche
neue
Hypothese eingeführt werden müßte.
Diese Sachlage bringt es mit sich, daß über die physi-
kalische Natur der
Materie (im engeren Sinne) nicht notwendig
bestimmte Voraussetzungen
eingeführt werden müssen. Ins-
besondere kann die Frage offen bleiben, ob die
Theorie des
elektromagnetischen Feldes und des Gravitationsfeldes zu-
----------
1) Vgl. hierüber D. Hilbert, Nachr. d. K. Gesellsch. d. Wiss. zu
Göttingen,
Math.-phys. Klasse. p. 3. 1915.
sammen eine hinreichende Basis für die Theorie der Materie
liefern oder nicht.
Das allgemeine Relativitätspostulat kann
uns hierüber im Prinzip nichts lehren.
Es muß sich bei dem
Ausbau der Theorie zeigen, ob Elektromagnetik und Gravi-
tationslehre zusammen leisten können, was ersterer allein
nicht gelingen
will.
§ 19. Eulersche Gleichungen für reibungslose adiabatische
Flüssigkeiten.
Es seien p und zwei Skalare, von denen wir ersteren
als den ,,Druck“,
letzteren als die ,,Dichte“ einer Flüssigkeit
bezeichnen; zwischen ihnen bestehe
eine Gleichung. Der
kontravariante symmetrische Tensor
| (58) |
sei der kontravariante Energietensor der Flüssigkeit. Zu ihm
gehört der kovariante
Tensor
| (58a) |
sowie der gemischte Tensor1)
| (58b) |
Setzt man die rechte Seite von (58b) in (57a) ein, so erhält
man die Eulerschen
hydrodynamischen Gleichungen der all-
gemeinen Relativitätstheorie. Diese lösen
das Bewegungs-
problem im Prinzip vollständig; denn die vier Gleichungen
(57a)
zusammen mit der gegebenen Gleichung zwischen p und und
der
Gleichung
genügen bei gegebenen g zur Bestimmung der 6 Unbekannten
----------
1) Für einen mitbewegten Beobachter, der im unendlich Kleinen
ein
Bezugssystem im Sinne der speziellen Relativitätstheorie benutzt,
ist die
Energiedichte T44 gleich - p. Hierin liegt die Definition von .
Es ist also ;
nicht konstant für eine inkompressible Flüssigkeit.
Sind auch die g unbekannt, so kommen hierzu noch die
Gleichungen (53). Dies
sind 11 Gleichungen zur Bestimmung
der 10 Funktionen g, so daß diese
überbestimmt scheinen.
Es ist indessen zu beachten, daß die Gleichungen (57a) in
den Gleichungen (53) bereits enthalten sind, so daß letztere
nur mehr
7 unabhöngige Gleichungen repräsentieren. Diese
Unbestimmtheit hat
ihren guten Grund darin, daß die weit-
gehende Freiheit in der Wahl der
Koordinaten es mit sich
bringt, daß das Problem mathematisch in solchem Grade
unbestimmt bleibt, daß drei der Raumfunktionen beliebig
gewählt werden
können.1)
§ 20. Maxwellsche elektromagnetische Feldgleichungen
für das
Vakuum.
Es seien die Komponenten eines kovarianten Vierer-
vektors, des
Vierervektors des elektromagnetischen Potentials.
Aus ihnen bilden wir
gemäß (36) die Komponenten F des
kovarianten Sechservektors des
elektromagnetischen Feldes
gemäß dem Gleichungssystem
| (59) |
Aus (59) folgt, daß das Gleichungssystem
| (60) |
erfüllt ist, dessen linke Seite gemäß (37) ein antisymmetrischer
Tensor dritten
Ranges ist. Das System (60) enthält also im
wesentlichen 4 Gleichungen, die
ausgeschrieben wie folgt lauten:
| (60a) |
----------
1) Bei Verzicht auf die Koordinatenwahl gemäß g = - 1 blieben
vier Raumfunktionen frei wählbar, entsprechend den vier willkürlichen
Funktionen, über die man bei der Koordinatenwahl frei verfügen kann.
Dieses Gleichungssystem entspricht dem zweiten Glei-
chungssystem Maxwells.
Man erkennt dies sofort, indem
man setzt
| (61) |
Dann kann man statt (60a) in üblicher Schreibweise der drei-
dimensionalen
Vektoranalyse setzen
| (60b) |
Das erste Maxwellsche System erhalten wir durch Ver-
allgemeinerung der von
Minkowski angegebenen Form. Wir
führen den zu F gehörigen kontravarianten
Sechservektor
| (62) |
ein sowie den kontravarianten Vierervektor J der elektrischen
Vakuumstromdichte;
dann kann man das mit Rücksicht auf
(40) gegenüber beliebigen Substitutionen
von der Determinante 1
(gemäß der von uns getroffenen Koordinatenwahl)
invariante
Gleichungssystem ansetzen:
| (63) |
Setzt man nämlich
| (64) |
welche Größen im Spezialfall der speziellen Relativitätstheorie
den Größen
hx . . . . ez gleich sind, und außerdem
so erhält man an Stelle von (63)
| (63a) |
Die Gleichungen (60), (62) und (63) bilden also die
Verallgemeinerung der
Maxwellschen Feldgleichungen des
Vakuums bei der von uns bezüglich der Koordinatenwahl
getroffenen
Festsetzung.
Die Energiekomponenten des elektromagnetischen Feldes.
Wir bilden das
innere Produkt
| (65) |
Seine Komponenten lauten gemäß (61) in dreidimensionaler
Schreibweise
| (65a) |
Es ist x ein kovarianter Vierervektor, dessen Kompo-
nenten gleich sind dem
negativen Impuls bzw. der Energie,
welche pro Zeit- und Volumeinheit auf das
elektromagnetische
Feld von den elektrischen Massen übertragen werden.
Sind
die elektrischen Massen frei, d. h. unter dem alleinigen Ein-
fluß
des elektromagnetischen Feldes, so wird der kovariante
Vierervektor x
verschwinden.
Um die Energiekomponenten T des elektromagnetischen
Feldes zu erhalten,
brauchen wir nur der Gleichung x = 0
die Gestalt der Gleichung (57) zu geben.
Aus (63) und (65)
ergibt sich zunächst
Das zweite Glied der rechten Seite gestattet vermöge (60)
die Umformung
welch letzterer Ausdruck aus Symmetriegründen auch in der
Form
geschrieben werden kann. Dafür aber läßt sich setzen
Das erste dieser Glieder lautet in kürzerer Schreibweise
das zweite ergibt nach Ausführung der Differentiation nach
einiger Umformung
Nimmt man alle drei berechneten Glieder zusammen, so erhält
man die
Relation
| (66) |
wobei
| (66a) |
Die Gleichung (66) ist für verschwindendes x wegen (30)
mit (57)
bzw. (57a) gleichwertig. Es sind also die T die
Energiekomponenten des
elektromagnetischen Feldes. Mit
Hilfe von (61) und (64) zeigt man leicht, daß
diese Energie-
komponenten des elektromagnetischen Feldes im Falle der
speziellen
Relativitätstheorie die wohlbekannten Maxwell-
Pointingschen Ausdrücke
ergeben.
Wir haben nun die allgemeinsten Gesetze abgeleitet,
welchen das Gravitationsfeld
und die Materie genügen, indem
wir uns konsequent eines Koordinatensystems
bedienten, für
welches = 1 wird. Wir erzielten dadurch eine erhebliche
Vereinfachung der Formeln und Rechnungen, ohne daß wir
auf die Forderung der
allgemeinen Kovarianz verzichtet hätten:
denn wir fanden unsere Gleichungen
durch Spezialisierung
des Koordinatensystems aus allgemein kovarianten
Gleichungen.
Immerhin ist die Frage nicht ohne formales Interesse,
ob bei entsprechend
verallgemeinerter Definition der Energie-
komponenten des Gravitationsfeldes und
der Materie auch
ohne Spezialisierung des Koordinatensystems Erhaltungssätze
von der Gestalt der Gleichung (56) sowie Feldgleichungen der
Gravitation von der
Art der Gleichungen (52) bzw. (52a)
gelten, derart, daß links eine Divergenz (im
gewöhnlichen
Sinne), rechts die Summe der Energiekomponenten der Materie
und
der Gravitation steht. Ich habe gefunden, daß beides
in der Tat der Fall ist.
Doch glaube ich, daß sich eine Mit-
teilung meiner ziemlich umfangreichen
Betrachtungen über
diesen Gegenstand nicht lohnen würde, da doch etwas sach-
lich Neues dabei nicht herauskommt.
E. § 21. Newtons Theorie als erste Näherung.
Wie schon mehrfach erwähnt, ist die spezielle Relativitäts-
theorie
als Spezialfall der allgemeinen dadurch charakterisiert,
daß die g die
konstanten Werte (4) haben. Dies bedeutet
nach dem Vorherigen eine völlige
Vernachlässigung der Gravi-
tationswirkungen. Eine der Wirklichkeit näher
liegende Ap-
proximation erhalten wir, indem wir den Fall betrachten, daß
die g
von den Werten (4) nur um (gegen 1) kleine Größen
abweichen, wobei wir kleine
Größen zweiten und höheren
Grades vernachlässigen. (Erster Gesichtspunkt der
Ap-
proximation.)
Ferner soll angenommen werden, daß in dem betrach-
teten zeiträumlichen
Gebiete die g im räumlich Unendlichen
bei passender Wahl der Koordinaten
den Werten (4) zustreben;
d. h. wir betrachten Gravitationsfelder, welche als
ausschließ-
lich durch im Endlichen befindliche Materie erzeugt betrachtet
werden
können.
Man könnte annehmen, daß diese Vernachlässigungen auf
Newtons Theorie
hinführen müßten. Indessen bedarf es
hierfür noch der approximativen
Behandlung der Grund-
gleichungen nach einem zweiten Gesichtspunkte. Wir
fassen
die Bewegung eines Massenpunktes gemäß den Gleichungen (46)
ins Auge.
Im Falle der speziellen Relativitätstheorie können
die Komponenten
beliebige Werte annehmen; dies bedeutet, daß beliebige Ge-
schwindigkeiten
auftreten können, die kleiner sind als die Vakuumlichtgeschwin-
digkeit (v < 1).
Will man sich auf den fast ausschließlich
der Erfahrung sich darbietenden Fall
beschränken, daß v
gegen die Lichtgeschwindigkeit klein ist, so bedeutet dies,
daß
die Komponenten
als kleine Größen zu behandeln sind, während dx4 ds bis
auf Größen
zweiter Ordnung gleich 1 ist (zweiter Gesichts-
punkt der Approximation).
Nun beachten wir, daß nach dem ersten Gesichtspunkte
der Approximation die
Größen alle kleine Größen mindestens
erster Ordnung sind. Ein Blick auf
(46) lehrt also, daß in dieser
Gleichung nach dem zweiten Gesichtspunkt der
Approximation
nur Glieder zu berücksichtigen sind, für welche = = 4
ist.
Bei Beschränkung auf Glieder niedrigster Ordnung erhält
man an Stelle von (46)
zunächst die Gleichungen
wobei ds = dx4 = dt gesetzt ist, oder unter Beschränkung
auf Glieder, die
nach dem ersten Gesichtspunkte der Ap-
proximation erster Ordnung
sind:
Setzt man außerdem voraus, daß das Gravitationsfeld ein
quasi statisches sei,
indem man sich auf den Fall beschränkt,
daß die das Gravitationsfeld erzeugende
Materie nur langsam
(im Vergleich mit der Fortpflanzungsgeschwindigkeit des
Lichtes) bewegt ist, so kann man auf der rechten Seite Ab-
leitungen nach der Zeit
neben solchen nach den örtlichen
Koordinaten vernachlässigen, so daß man
erhält
| (67) |
Dies ist die Bewegungsgleichung des materiellen Punktes nach
Newtons
Theorie, wobei g44 2 die Rolle des Gravitations-
potentiales spielt. Das
Merkwürdige an diesem Resultat ist,
daß nur die Komponente g44 des
Fundamentaltensors allein
in erster Näherung die Bewegung des materiellen
Punktes
bestimmt.
Wir wenden uns nun zu den Feldgleichungen (53). Dabei
ist zu berücksichtigen,
daß der Energietensor der ,,Materie“
fast ausschließlich durch die Dichte der
Materie im engeren
Sinne bestimmt wird, d. h. durch das zweite Glied
der rechten
Seite von (58) [bzw. (58a) oder (58b)]. Bildet man die uns
interessierende Näherung, so verschwinden alle Komponenten
bis auf die
Komponente
Auf der linken Seite von (53) ist das zweite Glied klein von
zweiter Ordnung; das
erste liefert in der uns interessierenden
Näherung
Dies liefert für = = 4 bei Weglassung von nach der Zeit
differenzierten
Gliedern
Die letzte der Gleichungen (53) liefert also
| (68) |
Die Gleichungen (67) und (68) zusammen sind äquivalent
dem Newtonschen
Gravitationsgesetz.
Für das Gravitationspotential ergibt sich nach (67) und
(68) der Ausdruck
| (68a) |
während Newtons Theorie bei der von uns gewählten Zeit-
einheit
ergibt, wobei K die gewöhnlich als Gravitationskonstante
bezeichnete Konstante
6,7 . 10-8 bedeutet. Durch Vergleich
ergibt sich
| (69) |
§ 22. Verhalten von Masstäben und Uhren im statischen
Gravitationsfelde. Krümmung der Lichtstrahlen.
Perihelbewegung
der Planetenbahnen.
Um die Newton sche Theorie als erste Näherung zu er-
halten, brauchten wir
von den 10 Komponenten des Gravi-
tationspotentials g nur g44 zu berechnen,
da nur diese Kom-
ponente in die erste Näherung (67) der Bewegungsgleichung
des materiellen Punktes im Gravitationsfelde eingeht. Man
sieht indessen schon
daraus, daß noch andere Komponenten
der g von den in (4) angegebenen
Werten in erster Näherung
abweichen müssen, daß letzteres durch die Bedingung
g = - 1
verlangt wird.
Für einen im Anfangspunkt des Koordinatensystems be-
findlichen
felderzeugenden Massenpunkt erhält man in erster
Näherung die radialsymmetrische
Lösung
| (70) |
ist dabei 1 bzw. 0, je nachdem = oder , r ist die
Größe
Dabei ist wegen (68a)
| (70a) |
wenn mit M die felderzeugende Masse bezeichnet wird. Daß
durch diese Lösung
die Feldgleichungen (außerhalb der Masse)
in erster Näherung erfüllt werden, ist
leicht zu verifizieren.
Wir untersuchen nun die Beeinflussung, welche die metri-
schen Eigenschaften
des Raumes durch das Feld der Masse M
erfahren. Stets gilt zwischen
den ,,lokal“ (§ 4) gemessenen
Längen und Zeiten ds einerseits und den
Koordinatendifferenzen
d xv andererseits die Beziehung
Für einen ,,parallel“ der x-Achse gelegten Einheitsmaßstab
wäre beispielsweise
zu setzen
also
Liegt der Einheitsmaßstab außerdem auf der x-Achse, so
ergibt die erste der
Gleichungen (70)
Aus beiden Relationen folgt in erster Näherung genau
| (71) |
Der Einheitsmaßstab erscheint also mit Bezug auf das Ko-
ordinatensystem in
dem gefundenen Betrage durch das Vor-
handensein des Gravitationsfeldes
verkürzt, wenn er radial
angelegt wird.
Analog erhält man seine Koordinatenlänge in tangentialer
Richtung, indem
man beispielsweise setzt
Es ergibt sich
| (71a) |
Bei tangentialer Stellung hat also das Gravitationsfeld des
Massenpunktes keinen
Einfluß auf die Stablänge.
Es gilt also die Euklidische Geometrie im Gravitations-
felde nicht einmal in
erster Näherung, falls man einen und
denselben Stab unabhängig von seinem Ort
und seiner Orien-
tierung als Realisierung derselben Strecke auffassen will.
Allerdings zeigt ein Blick auf (70a) und (69), daß die zu er-
wartenden
Abweichungen viel zu gering sind, um sich bei
der Vermessung der Erdoberfläche
bemerkbar machen zu
können.
Es werde ferner die auf die Zeitkoordinate untersuchte
Ganggeschwindigkeit
einer Einheitsuhr untersucht, welche in
einem statischen Gravitationsfelde ruhend
angeordnet ist. Hier
gilt für eine Uhrperiode
Also ist
oder
| (72) |
Die Uhr läuft also langsamer, wenn sie in der Nähe ponde-
rabler Massen
aufgestellt ist. Es folgt daraus, daß die Spektral-
linien von der Oberfläche großer
Sterne zu uns gelangenden
Lichtes nach dem roten Spektralende verschoben
erscheinen
müssen.1)
----------
1) Für das Bestehen eines derartigen Effektes sprechen nach
E. Freundlich
spektrale Beobachtungen an Fixsternen bestimmter
Typen. Eine endgültige
Prüfung dieser Konsequenz steht indes noch aus.
Wir untersuchen ferner den Gang der Lichtstrahlen im
statischen
Gravitationsfeld. Gemäß der speziellen Relativitäts-
theorie ist die
Lichtgeschwindigkeit durch die Gleichung
gegeben, also gemäß der allgemeinen Relativitätstheorie durch
die Gleichung
| (73) |
Ist die Richtung, d. h. das Verhältnis d x1 : d x2 : d x3 ge-
geben, so liefert die
Gleichung (73) die Größen
und somit die Geschwindigkeit
im Sinne der Euklidischen Geometrie definiert. Man erkennt
leicht, daß die
Lichtstrahlen gekrümmt verlaufen müssen mit
Bezug auf das Koordinatensystem,
falls die g nicht konstant
sind. Ist n eine Richtung senkrecht zur
Lichtfortpflanzung,
so ergibt das Huggenssche Prinzip, daß der Lichtstrahl [in
der
Ebene (, n) betrachtet] die Krümmung -d n besitzt.
Wir untersuchen die Krümmung, welche ein Lichtstrahl
erleidet, der im
Abstand an einer Masse M vorbeigeht.
Wählt man das Koordinatensystem
gemäß der vorstehenden
Skizze, so ist die gesamte Biegung B des Lichtstrahles
(positiv
gerechnet, wenn sie nach dem Ursprung hin konkav ist) in
genügender
Näherung gegeben durch
während (73) und (70) ergeben
Die Ausrechnung ergibt
| (74) |
Ein an der Sonne vorbeigehender Lichtstrahl erfährt dem-
nach eine Biegung
von 1, 7'', ein am Planeten Jupiter vorbei-
gehender eine solche von etwa
0, 02''.
Berechnet man das Gravitationsfeld um eine Größen-
ordnung genauer, und
ebenso mit entsprechender Genauig-
keit die Bahnbewegung eines materiellen
Punktes von relativ
unendlich kleiner Masse, so erhält man gegenüber den Kepler-
Newtonschen Gesetzen der Planetenbewegung eine Abwei-
chung von folgender
Art. Die Bahnellipse eines Planeten er-
fährt in Richtung der Bahnbewegung eine
langsame Drehung
vom Betrage
| (75) |
pro Umlauf. In dieser Formel bedeutet a die große Halbachse,
c die
Lichtgeschwindigkeit in üblichem Maße, e die Exzentrizität,
T die Umlaufszeit in
Sekunden.1)
Die Rechnung ergibt für den Planeten Merkur eine Drehung
der Bahn um 43''
pro Jahrhundert, genau entsprechend der
Konstatierung der Astronomen
(Leverrier); diese fanden
nämlich einen durch Störungen der übrigen Planeten
nicht
erklärbaren Rest der Perihelbewegung dieses Planeten von
der angegebenen
Größe.
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1) Bezüglich der Rechnung verweise ich auf die Originalabhand-
lungen A.
Einstein, Sitzungsber. d. Preuß. Akad. d. Wiss. 47. p. 831.
1915. -- K.
Schwarzschild, Sitzungsber. d. Preuß. Akad. d. Wiss. 7.
p. 189. 1916.
(Eingegangen 20. März 1916.)
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