10. Über die Gültigkeitsgrenze des Satzes
vom
thermodynamischen Gleichgewicht und über
die
Möglichkeit einer neuen Bestimmung der
Elementarquanta; von A. Einstein.
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Der Zustand eines physikalischen Systems sei im Sinne
der Thermodynamik
bestimmt durch die Parameter , etc.
(z. B. Anzeige eines Thermometers, Länge
oder Volumen eines
Körpers, Substanzmenge einer gewissen Art in einer Phase).
Ist
das System mit anderen Systemen nicht in Wechselwirkung,
was wir annehmen, so
wird nach der Tkermodynamik Gleich-
gewicht bei bestimmten Werten 0, 0 etc.
der Parameter statt-
haben, für welche Werte die Entropie S des Systems ein
Maximum ist. Nach der molekularen Theorie der Wärme
jedoch ist dies nicht genau,
sondern nur angenähert richtig;
nach dieser Theorie besitzt der Parameter auch bei
Tem-
peraturgleichgewicht keinen konstanten Wert, sondern einen
unregelmäßig
schwankenden, der sich von 0 allerdings nur
äußerst selten beträchtlich
entfernt.
Die theoretische Untersuchung des statistischen Gesetzes,
welchem diese
Schwankungen unterworfen sind, scheint auf
den ersten Blick bestimmte
Festsetzungen in betreff des an-
zuwendenden molekularen Bildes zu erfordern. Dies
ist jedoch
nicht der Fall. Es genügt vielmehr im wesentlichen, die
bekannte
Boltzmannsche Beziehung anzuwenden, welche die
Entropie S mit der statistischen
Wahrscheinlichkeit eines Zu-
standes verbindet. Diese Beziehung lautet bekanntlich
wobei R die Konstante der Gasgleichung und N die Anzahl
der Moleküle in einem
Grammäquivalent bedeutet.
Wir fassen einen Zustand des Systems ins Auge, in
welchem der Parameter den
von 0 sehr wenig abweichenden
Wert 0 + besitzt. Um den Parameter auf
umkehrbarem
Wege vom Werte 0 zum Werte bei konstanter Energie E
zu bringen, wird man eine Arbeit A dem System zuführen und
die entsprechende
Wärmemenge dem System entziehen müssen.
Nach thermodynamischen Beziehungen
ist:
oder, da die betrachtete Änderung unendlich klein und
dE = 0 ist:
Andererseits ist aber nach dem Zusammenhang zwischen
Entropie und
Zustandswahrscheinlichkeit:
Aus den beiden letzten Gleichungen folgt:
oder
Dies Resultat insolviert eine gewisse Ungenauigkeit, indem
man ja eigentlich nicht
von der Wahrscheinlichkeit eines Zu-
standes, sondern nur von der Wahrscheinlichkeit
eines Zustands-
gebietes reden kann. Schreiben wir statt der gefundenen
Gleichung
so ist das letztere Gesetz ein exaktes. Die Willkür, welche
darin liegt, daß wir das
Differential von und nicht das
Differential irgendeiner Funktion von in die
Gleichung ein-
gesetzt haben, wird auf unser Resultat nicht von Einfluß
sein.
Wir setzen nun = 0 + und beschränken uns auf den
Fall, daß A
nach positiven Potenzen von entwickelbar ist,
und daß nur das erste nicht
verschwindende Glied dieser Ent-
wickelung zum Werte des Exponenten merklich
beiträgt bei
solchen Werten von , für welche die Exponentialfunktion noch
merklich
von Null verschieden ist. Wir setzen also A = a2
und erhalten:
Es gilt also in diesem Falle für die Abweichungen das
Gesetz der zufälligen
Fehler. Für den Mittelwert der Arbeit A
erhält man den Wert:
Das Quadrat der Schwankung eines Parameters ist
also im Mittel so groß, daß
die äußere Arbeit A, welche man
bei strenger Gültigkeit der Thermodynamik
anwenden müßte,
um den Parameter bei konstanter Energie des Systems
von 0
auf 0 + zu verändern, gleich T ist (also gleich
dem dritten Teil der
mittleren kinetischen Energie eines Atoms).
Führt man für R und N die Zahlenwerte ein, so erhält
man angenähert:
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Wir wollen nun das gefundene Resultat auf einen kurz ge-
schlossenen
Kondensator von der (elektrostatisch gemessenen)
Kapazität c anwenden. Ist die
Spannung (elektrostatisch),
welche der Kondensator im Mittel infolge der
molekularen
Unordnung annimmt, so ist
Wir nehmen an, der Kondensator sei ein Luftkondensator
und er bestehe aus zwei
ineinandergeschobenen Plattensystemen
von je 30 Platten. Jede Platte habe von den
benachbarten
des anderen Systems im Mittel den Abstand 1 mm. Die Größe
der
Platten sei 100 cm2. Die Kapazität c ist dann ca. 5000.
Für gewöhnliche Temperatur
erhält man dann
In Volt gemessen erhält man
Denkt man sich die beiden Plattensysteme relativ zu-
einander beweglich, so daß
sie vollständig auseinander ge-
schoben werden können, so kann man erzielen, daß die
Kapazität
nach dem Auseinanderschieben von der Größenordnung 10 ist.
Nennt man die Potentialdifferenz, welche durch das Aus-
einanderschieben aus p
entsteht, so hat man
Schließt man also den Kondensator bei zusammengescho-
benen Plattensystemen
kurz, und schiebt man dann, nachdem
die Verbindung unterbrochen ist, die
Plattensysteme ausein-
ander, so erhält man zwischen den Plattensystemen
Spannungs-
differenzen von der Größenordnung eines halben Millivolt.
Es scheint mir nicht ausgeschlossen zu sein, daß diese
Spannungsdifferenzen der
Messung zugänglich sind. Falls man
nämlich Metallteile elektrisch verbinden und
trennen kann,
ohne daß hierbei noch andere unregelmäige Potentialdiffe-
renzen von
gleicher Größenordnung wie die soeben berechneten
auftreten, so muß man durch
Kombination des obigen Platten-
kondensators mit einem Multiplikator zum Ziele
gelangen
können. Es wäre dann ein der Brownschen Bewegung ver-
wandtes
Phänomen auf dem Gebiete der Elektrizität gegeben,
daß zur Ermittelung der Größe
N benutzt werden könnte.
Bern, Dezember 1906.
(Eingegangen 12. Dezember 1906.)
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