Hans Reichenbach an Moritz Schlick
Dr. HANS REICHENBACH
STUTTGART-OSTHEIM
TECKSTRASSE 75, 3. 2. 23.
Sehr verehrter Herr Schlick,
Sie werden wohl durch Herrn Carnap zu Rudolf Carnap, Der Raum: ein Beitrag zur Wissenschaftslehre. Göttingen: Dieterich 1921.
einer Tagung in Erlangen eingeladen worden sein;
ich möchte mir erlauben, Ihnen noch persönlich
deswegen zu schreiben. Ich hielte es für sehr erfreulich,
wenn sich die exakte Richtung in der Philosophie
etwas näher zusammenschlösse, und war deshalb
von vornherein über den Carnapschen Plan sehr
erfreut. Carnap selbst kenne ich nicht, aber sein
Buch über den Raum
Richtung hinein. Lewin ist mir persönlich als
scharfer Denker gut bekannt; ich habe weiter
Paul Hertz vorgeschlagen, auch K. Grelling. Es wäre
sehr schön, wenn Sie auch teilnehmen könnten.
Nun teilte mir Vaihinger in Halle, wo ich gelegentlich
eines Vortrags vorige Woche war, mit, dass Sie vom
1.-22.April in Deutschland wären; das würde ja mit
der Zeit der Tagung (Mitte März) nicht zusammen-
treffen. Ich weiss nicht, ob Sie Ihre Reisezeit ändern
wollen oder können; aber wenn Ihnen daran liegt,
könnte ich ev. mit Carnap wegen einer Verlegung
korrespondieren.
Bei dieser Gelegenheit wäre es mir interessant, Josef Winternitz, Relativitätstheorie und Erkenntnislehre. Leipzig/Berlin: Teubner 1923.
Ihr Urteil über das Buch von Winternitz
ich soll es für die Naturwiss. besprechen und schätze
das Buch nicht gerade sehr. Es ist wenig originell
und trägt nur die Arbeiten anderer zusammen,
ohne dass der Ton der Darstellung mit dieser
bescheidenen Leistung im Einklang wäre.
Darf ich Sie auch fragen, wie weit Sie mit der Moritz Schlick, Allgemeine Erkenntnislehre. Berlin: Springer 1918.
Neuauflage Ihrer Erkenntnislehre
Mit besten Grüssen bin ich Ihr ergebener
Hans Reichenbach