Hans Reichenbach an Moritz Schlick
Dr. HANS REICHENBACH
STUTTGART-OSTHEIM
TECKSTRASSE 75
9. 9. 23.
Lieber Herr Schlick,
ich bin sehr erfreut über Ihre Nachricht, dass
Russell zugesagt hat. Ich schreibe ihm sogleich selbst und
schicke ihm auch ein paar meiner Arbeiten. Gegen einen
französischen Autor ist natürlich garnichts einzuwenden,
Springer war nur gegen die Benützung der französischen
Sprache. Dagegen wollen wir ja die englische Sprache zulassen.
Ich habe jetzt folgende Ms. in Aussicht:
Bernays, über die Axiome der Logik
Behmann, über analyt. u. synthet. Urteile.
Gerhards
Lewin, über vergl. Wiss.-Lehre.
Reichenbach, über Kausalität
P. Hertz, über das analytische Schliessen (bis 1.Jan.)
Ich hätte gern noch viel mehr! Aber ich denke, ich werde noch
mehr bekommen. Haben Sie mal an die Herren geschrieben,
von denen Sie sprachen? (Zilsel, Feigel, dann die Rel.Th.-Arbeit?)
An Springer schrieb ich u. schickte ihm auch
den Bericht über unsere Besprechung. Ich erhielt beiliegende
Antwort. Sie ersehen daraus, dass er in Verlagssachen doch noch
sehr zögernd ist. Die Beihefte will er nicht, wohl um das
Risiko zunächst klein zu halten. Man könnte ja schliesslich
solche längeren Arbeiten auch fortlaufend einreihen, auch wenn
sie ein Heft füllen. Ev. muss ich meine Axiomatik auch so
veröffentlichen. Der Plan mit der Notgemeinschaft scheint sich
zu zerschlagen, weil diese kein Geld hat. Ich wundere mich
ja doch, dass Springer diese Arbeit nicht als selbständige Schrift
bringen will, sie ist sehr dafür geeignet. - Ich glaube, es wäre
sehr wichtig, dass Sie an der Besprechung im Oktober teilnehmen.
Denn es lässt sich noch garnicht übersehen, auf welche
Widerstände wir bei Springer stossen, und ich hoffe sehr,
dass Sie dann dabei sind, weil Springer wie ich weiss auf
Ihr Urteil sehr viel gibt. Es kann unter Umständen das Gelingen
des ganzen Planes davon abhängen. Könnten Sie mir nicht ein
Datum nennen, damit ich schon Näheres verabreden kann
mit allen Herren?
Ich denke noch gern an die schönen Tage im Mittenwald.
Es freut mich, dass Sie es auch in Grainau noch gut getroffen haben!
Ich bin, auch mit herzlichem Gruss an Ihre werte Gattin, Ihr
Hans Reichenbach