Hans Reichenbach an Moritz Schlick
Dr. HANS REICHENBACH
STUTTGART-OSTHEIM
TECKSTRASSE 75
9. 10. 23.
Lieber Herr Schlick,
es ist wirklich sehr schade, dass Sie nicht kommen.
Von der Berliner Besprechung wird sehr viel abhängen,
vor allem wird es darauf ankommen, Springer zu
überzeugen, dass er das Risiko eines Verlags auf sich
nehmen kann, und gerade dafür hatte ich sehr auf
Ihren Einfluss gehofft. Es ist gut möglich, dass Springer
jetzt noch zögern wird, und dass wir vorerst nichts
Definitives erreichen. Das würde aber die weiteren
Vorarbeiten ausserordentlich erschweren, denn man
kann nicht gut Autoren um Manuskripte bitten,
wenn man ihnen nichts Positives versprechen kann.
Manuskripte sammeln ist vorerst aber das wichtigste,
denn wir müssen jetzt einmal eine Übersicht
bekommen, was wir an Material zur Verfügung
haben werden.
Ich werde nun gegen den 20. allein nach Berlin
fahren, als einziger auswärtiger, und es dort nicht
mit Köhler aufgetaucht, er ist sehr gegen „exakt“, und
dahinter steht ein sachlicher Gegensatz. Ich glaube
kaum, dass ich dieses schöne Prädikat halten kann,
wenn ich mit Köhler einig bleiben will.
An Schjelderup schreibe ich heute, auch
Köhler schlägt ihn vor. Dagegen bin ich mir über
Heymanns noch nicht klar u. möchte die Berliner
Herren deswegen noch fragen. Ich habe, als Sie
mir seinen Namen schrieben, da ich nichts von
ihm kannte, seinen Beitrag in der von mir so
geliebten Sammlung von Autobiographien gelesen -
sehen Sie, wie nützlich es ist, dass es so etwas gibt! -
und habe, offen gesagt, ein wenig Angst bekommen.
Er ist doch sehr von der alten Schule. Wenn Sie ihm
schon geschrieben haben, so können wir ja dann
immer noch beraten, was zu machen ist; ich wäre
Ihnen dann sehr dankbar, wenn Sie mir seinen Antwort-
brief schickten.
Was Sie über die Wiener Kurse schreiben, hat mich
sehr interessiert. Wie schön, dass es so etwas gibt!
Herzliche Grüsse Ihr
Hans Reichenbach
Liegt bei Ihnen nicht noch ein Brief von Springer,
ausser dem, den Sie mir jetzt zurückschickten?