<date/> <place/> <translator/> <lang>de</lang> <cvs_file>/REICHENBACH_AN_MS_19231024.xml</cvs_file> <cvs_version/> <locator/> </info> <text> <body> <chap> <pb/> <p type="main" id="id17026192">Hans Reichenbach an Moritz Schlick</p> <p type="main" id="id17024464">Bericht über die Berliner Besprechung vom 19. 10. 23</p> <p type="main" id="id17024536">zur Gründung der Zeitschrift</p> <p type="main" id="id17024608">für philosphische Forschung.</p> <p type="main" id="id17024680"/> <p type="main" id="id17024752"/> <p type="main" id="id17024824">Anwesend:Dr. Ferd. Springer</p> <p type="main" id="id17024896">Dr. A. Berliner</p> <p type="main" id="id17024968">Prof. W. Köhler</p> <p type="main" id="id17025040">Dr. K. Lewin</p> <p type="main" id="id17025112">Dr. H. Reichenbach</p> <p type="main" id="id17025184"/> <p type="main" id="id17025256">1) Gegen den Titel Zs. f. exakte Philos. werden von Köhler die Einwände erhoben,<lb/> die schon in dem Bericht aus Mittenwald ewähnt wurden. Auch Berliner ist<lb/> gegen „exakt“, ebenso Lewin. Reichenbach wünscht einen Titel, in dem die Ab-<lb/> grenzung gegen die nur referierenden und vergleichenden Darstellungen der an-<lb/> dern philosophischen Zs. zum Ausdruck kommt, und ist deshalb für „exakt“. Er<lb/> gibt andrerseits zu, dass jede sachliche Bezeichnung wie „exakt“ möglicherweise<lb/> eines Tages zu eng wird, weil es immer einmal eine gute philosophische Arbeit<lb/> geben kann, die nicht „exakt“ ist. Befürchtet man dies, so ist ein rein for-<lb/> maler Titel vorzuziehen, z.B. „Philosophische Zs.“ Springer schlägt vor „Zs.<lb/> f. philos. Forschung“. Reichenbach hat Bedenken, weil das Wort Forschung schon<lb/> von der „Psychologischen Forschung“ angewandt worden ist. Man einigt sich jedoch<lb/> auf „Zs. f. philos. Forschung“; in „Forschung“ soll die Arbeitsweise ausgedrückt<lb/> liegen.</p> <p type="main" id="id17025328">2) Springer bittet um Urteile über die sachliche Notwendigkeit der Zs. Köhler<lb/> weist darauf hin, dass etwas Ähnliches nicht besteht, und dass eine Entwick-<lb/> lung der Philosophie in wirklich produktiver Richtung überaus wünschenswert<lb/> wäre. Die Psyfo habe schon bei ihrer Gründung die Notwendigkeit solcher philo-<lb/> sophischer Arbeiten anerkannt, müsse sich aber in der Hauptsache auf psycho-<lb/> logische Arbeiten beschränken. Reichenbach betont, dass das Interesse für eine<lb/> sachlich gerichtete Philosophie im Wachsen begriffen ist, und dass weite Kreise,<lb/> besonders in der Naturwissenschaft, mit der akademischen Schulphilosophie<lb/> unzufrieden sind. Bisher aber wurden die sachlich gerichteten Arbeiten nicht<pb/> gesammelt, und erschienen verstreut in mathematischen und physikalischen Zeit-<lb/> schriften, wo sie zu Unrecht nach ihrem im allgemeinen geringen mathematisch-<lb/> physikalischen Wert, und leider nicht nach ihrem philosophischen Wert beurteilt<lb/> wurden. Erst die Zusammenfassung dieser Arbeiten kann der wirklichen Forschungs-<lb/> arbeit auf diesem Gebiet zur Anerkennung verhelfen. Auch Berliner ist von dem<lb/> sachlichen Wert einer solchen Gründung überzeugt. Reichenbach übernimmt es, einen<lb/> kurzen Programmentwurf zu verfassen, der in das erste Heft soll und zugleich<lb/> für Verlagsanzeigen dienen kann.</p> <p type="main" id="id17025400">3) Als Herausgeber sind bisher gewonnen: Köhler, Lewin, Reichenbach, Russell,<lb/> Schlick. Ausserdem ist an Schjelderup geschrieben worden. Köhler hält es für<lb/> äusserst wichtig, einen Vertreter der Geisteswissenschaften hinzuziehen. Die<lb/> Zs. soll auf ganz breite Basis gestellt werden. Geisteswissenschaftliche Arbeiten<lb/> wird man aber nur erwerben können, wenn unter den Herausgebern auch ein Geistes-<lb/> wissenschaftler ist. Möglichst das erste Heft soll schon eine geisteswissen-<lb/> schaftliche Arbeit enthalten. Reichenbach und Lewin stimmen grundsätzlich zu,<lb/> nur sei es schwer, den geeigneten Herrn zu finden. Reichenbach weist darauf hin,<lb/> dass das Herausgeberkollegium zusammenarbeiten muss, und dass die Gefahr ernste<lb/> rer Differenzen besteht, wenn der Vertreter der Geisteswissenschaften allzu-<lb/> sehr von der Grundeinstellung der andern Herausgeber abweicht. Die Zeitschr.<lb/> darf nicht in zwei getrennte Teile zerfallen, die mit einander nichts zu tun<lb/> haben. Eine gewisse innere Reibung ist gut, wenn sie fruchtbar ist, sie kann<lb/> aber auch lähmen. Es kommt deshalb alles darauf an, einen geeigneten Vertreter<lb/> der Geisteswissenschaften zu finden. Durchgesprochen werden: Jaspers, Heidegger,<lb/> Freyr, Geiger, Nicolai Hartmann, Spranger Scholz; jedoch ohne dass auch nur einer<lb/> der Anwesenden für einen von diesen mit Sicherheit eintreten könnte. Es wird<lb/> beschlossen, zunächst mit einigen der Genannten Fühlung aufzunehmen, ohne dass<lb/> dabei von Teilnahme am Herausgeberkollegium gesprochen wird. Es soll zunächst<lb/> um Manuskripte gebeten werden, und gefragt werden, wie sie sich zu dem Plan<lb/> einstellen. Lewin u. Köhler treten mit Freyr in Verbindung, Reichenbach mit<lb/> Jaspers, Heidegger, Geiger. Spranger scheidet wohl ganz aus, ebenso Hartmann.<pb/></p> <p type="main" id="id17025472">4) Reichenbach teilt mit, dass ihm bisher folgende Arbeiten versprochen wurden:</p> <p type="main" id="id17025544">Russell, Vagueness (liegt schon da)</p> <p type="main" id="id17025616">Reichenbach, Die Kausalbehauptung und die Möglichkeit ihrer empirischen Nachprüfung. (fertig)</p> <p type="main" id="id17025688">Bernays, Zur Axiomatik der Logik (bis 1. Dez.)</p> <p type="main" id="id17025760">Behmann, Über analytische und synthetische Urteile (bis 1. Dez.)</p> <p type="main" id="id7989912">Gerhards, .......... (bis 1. Dez.)</p> <p type="main" id="id7989624">Heider, Ding und Medium. (bis 1. Dez.)</p> <p type="main" id="id7989696">Jean Nicod, .......... (Freund Russells, in englischer Sprache)</p> <p type="main" id="id7989768">Köhler, Maschine und Lebewesen.</p> <p type="main" id="id7989984">Lewin, Zur vergleichenden Wissenschaftslehre.</p> <p type="main" id="id7990056">Hertz, Über logisches Schliessen.</p> <p type="main" id="id7990128">5) Für die redaktionelle Form kann die Psyfo als Muster dienen. Ein Heft er-<lb/> scheint, wenn die betr. Arbeiten zusammen sind. Philosophische Arbeiten sind<lb/> durchweg lang, 40-60 Seiten ist normaler Umfang, 100-130 Seiten ist lang.<lb/> Die Redaktion muss unbedingt auf knappe Form drängen und darf vor keiner<lb/> Härte zurückscheuen; aber die Arbeit darf auch nicht unverständlich werden.<lb/> Ein Band zu 4 Heften (bezw. 2 Doppelhelften) soll ungefähr 400 Seiten haben,<lb/> für das Jahr sind ungefähr 1-2 Bände in Aussicht zu nehmen. - Das Einzelhelft soll<lb/> mehr als 1 Arbeit enthalten, auch längere Arbeiten nicht als Sonderhefte oder<lb/> Beihefte, sondern einfach eingereiht. Nur ganze Hefte sind einzeln im Buch<lb/> handel käuflich, auch nach Jahren. Kein Sondervertrieb einzelner Arbeiten in<lb/> Buchform. - Buchbesprechungen sollen gemacht werden, aber nur über wichtige<lb/> Erscheinungen, Vollständigkeit wird nicht beansprucht. - Autor erhält Sonder-<lb/> drucke wie bei der Psyfo.</p> <p type="main" id="id7990200">6) Zulässige Sprachen sind englisch und deutsch, keine andere.</p> <p type="main" id="id7990272">7) Das erste Heft soll programmatisch sein und ein Bild der Zs. geben, es<pb/> wird zugleich als Probeheft versandt. Adressen von Interessenten sind bei<lb/> Reichenbach zu sammeln und werden an Springer weitergegeben, auch ausländische<lb/> Adressen. Das erste Heft soll etwa Weihnachten in Druck kommen, und kann dann<lb/> im Februar erscheinen.</p> <p type="main" id="id7990344">8) Herr Springer erklärt seine grundsätzliche Einwilligung, den Verlag der<lb/> Zeitschrift zu übernehmen.</p> <p type="main" id="id7990416"/> <p type="main" id="id7990488">Reichenbach</p> <p type="main" id="id7990560"/> </chap> </body> </text> </archimedes>