behalten. Und das behaupte ich auch nur: dass man keinen der
für die Erkenntnis-Zuordnung benutzten Begriffe so definieren
kann, dass er vor der Änderung prinzipiell bewahrt bleibt. Darin
scheint mir erst die letzte Überwindung des Kant'schen Aprioritäts-
begriffes zu liegen. Wenn man, in der Kritik des Raumbegriffes
durch die fortschreitende Wissenschaft, vor die Alternative der
Prinzipientafel S. 29 (8) closeNote

Hans Reichenbach, Relativitätstheorie und Erkenntnis apriori. Berlin: Springer 1920, S. 29.

kommt, so eröffnen sich ebenso die 2 Wege,
die Sie für den Fall C + K . angeben. Erweitert man jetzt den
Raumbegriff zum Riemann-Einstein'schen, so wählt man den zweiten
Weg. Der erste Weg aber hiesse, eine nichteuklidische Physik ist
keine Erkenntnis. Von da zu der Forderung: also suchen wir aller
Erfahrung zum Trotz eventl. unter Benützung der Dehnbarkeit des
Induktionsschlusses dennoch eine euklidische Physik durchzuführen,
ist nur ein Schritt. Sie würde sagen: Euklidizität gehört nicht
zum Erkenntnisbegriff. Darin unterscheiden Sie sich von Kant. Aber
warum gehört Eindeutigkeit zum Erkenntnisbegriff? Mein in Anmerkung
27 (9) closeNote

Hans Reichenbach, Relativitätstheorie und Erkenntnis apriori. Berlin: Springer 1920, S. 109f.

gegen Sie erhobener Vorwurf ist, was ich jetzt bedaure, etwas
spitz formuliert, und nach Ihrer jetzigen Erklärung Ihrer Auf-
fassung der Zuordnungsprinzipien würde ich diese Form sehr gerne
zurücknehmen. Ich gebe Ihnen natürlich zu, dass Sie niemals, wie
es die Kantianer tun, Ihren Eindeutigkeitsbegriff d o g m a t i s c h
gemeint haben. Aber ich glaube auch, dass Kant selbst nicht so dog-
matisch aufzufassen ist, wie es die Kantianer lieben. Aber was hat
er mit seiner Aprioritätstheorie schliesslich anderes behauptet, als
dass alle unsere Erkenntnis unserem Erkenntnisbegriff gemäss sein
würde? Sie setzen hier „Wahrheitsbegriff' anstelle von „Erkenntnisbe-
griff'; aber das ist doch nur eine inhaltlich andere Bestimmung
des Erkenntnisphänomens. Dass auch Ihr Eindeutigkeitsbegriff nicht
leer ist - sowenig wie Kants Kategorien - wollte ich mit dem Bei-
spiel C + K . zeigen. Aber auch Ihr erweiterter Eindeutigkeits-
begriff ist nicht leer . Denken Sie sich mehrere Grössen der Form
C + K . als Ursache und Wirkung „hintereinandergeschaltet', dann
ist es auf keine Weise möglich, aus dem beobachteten Resultat die-
se Grössen einzeln hinterher eindeutig einem Zahlwert K zuzuordnen.