Wir wenden uns zu Lindemanns Formel. 1 ) Wir nehmen wieder an, daß zunächst die Masse eines Atoms und der Abstand d zweier Nachbaratome auf die Eigenfrequenz von Einfluß sind. Außerdem nehmen wir an, es gebe mit einer hier genügenden Annäherung ein Gesetz der übereinstimmenden Zustände für den festen Zustand. Dann muß durch Hinzu- fügung einer weiteren charakteristischen Größe der Substanz, welche durch die vorgenannten noch nicht bestimmt ist, das Verhalten der Substanz, also auch die Eigenfrequenz, voll- kommen bestimmt sein. Als diese dritte Größe nehmen wir die Schmelztemperatur T s . Diese ist natürlich für Dimensional- betrachtungen nicht ohne weiteres verwendbar, da sie nicht im C.G.S.-System unmittelbar gemessen werden kann. Wir wählen deshalb statt T s die Energiegröße = RT s N als Temperaturmaß. ist ein Drittel der Energie, welche ein Atom beim Schmelzpunkt nach der kinetischen Theorie der Wärme besitzt ( R = Gaskonstante, N = Zahl der Atome im Gramm- atom). Die Dimensionalbetrachtung liefert unmittelbar

Die Lindemannsche Formel lautet:

Auch hier ist also die dimensionslose Konstante C von der Größenordnung Eins.

Die Untersuchungen Nernsts und seiner Schüler 2 ) zeigen, daß diese Formel, trotzdem sie auf einer sehr gewagten An- nahme ruht, überraschend gute Übereinstimmung mit den aus der spezifischen Wärme bestimmten -Werten liefert. Es scheint daraus hervorzugehen, daß das Gesetz der überein- stimmenden Zustände für einfache Körper im festen und flüssigen Zustande mit bemerkenswerter Annäherung gilt. Die Lindemannsche Formel scheint sogar viel besser zu stimmen als meine auf weniger gewagter Grundlage ruhende Formel. --------

1) F. Lindemann, Physik. Zeitschr. 11. p. 609. 1910.

2) Vgl. insbesondere W. Nernst, Sitzungsber. d. prenß. Akad. d. Wiss. 13. p. 311. 1911.