11. Theorie der Opaleszenz von homogenen Fl üssigkeiten und Fl üssigkeitsgemischen in der N ähe des kritischen Zustandes; von A. Einstein.

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Smoluchowski hat in einer wichtigen theoretischen Arbeit 1 ) gezeigt, daß die Opaleszenz bei Flüssigkeiten in der Nähe des kritischen Zustandes sowie die Opaleszenz bei Flüssig- keitsgemischen in der Nähe des kritischen Mischungsverhält- nisses und der kritischen Temperatur vom Standpunkte der Molekulartheorie der Wärme aus in einfacher Weise erklärt werden kann. Jene Erklärung beruht auf folgender allge- meiner Folgerung aus Boltzmanns Entropie -- Wahrschein- lichkeitsprinzip: Ein nach außen abgeschlossenes physikalisches System durchläuft im Laufe unendlich langer Zeit alle Zu- stände, welche mit dem (konstanten) Wert seiner Energie ver- einbar sind. Die statistische Wahrscheinlichkeit eines Zu- standes ist hierbei aber nur dann merklich von Null ver- schieden, wenn die Arbeit, die man nach der Thermodynamik zur Erzeugung des Zustandes aus dem Zustande idealen thermo- dynamischen Gleichgewichtes aufwenden müßte, von derselben Größenordnung ist, wie die kinetische Energie eines einatomigen Gasmoleküls bei der betreffenden Temperatur.

Wenn eine derart kleine Arbeit genügt, um in Flüssig- keitsräumen von der Größenordnung eines Wellenlängenkubus eine von der mittleren Dichte der Flüssigkeit merklich ab- weichende Dichte bzw. ein von dem mittleren merklich ab- weichendes Mischungsverhältnis herbeizuführen, so muß slso offenbar die Erscheinung der Opaleszenz (Tyndallphänomen) auftreten. Smoluchowski zeigte, daß diese Bedingung in der Nähe der kritischen Zustände tatsächlich erfüllt ist; er hat aber keine exakte Berechnung der Menge des durch Opa- leszenz seitlich abgegebenen Lichtes gegeben. Diese Lücke soll im folgenden ausgefüllt werden.

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1) M. v. Smoluchowski, Ann. d. Phys. 25. p. 205--226. 1908.